Samstag, 28. September 2013

Predigt von Norbert Wohlrab (22.09.13)

Jesus - unsere Quelle des Lebens


(Lieblingswitz: Junge in der Oberpfalz will nicht sprechen)

Ähnlich - nur umgekehrt, geht es mir heute. Ich habe wahrscheinlich mittlerweile weit über 100 Predigten gehalten und irgendwie hab ich das Gefühl: eigentlich hab ich alles schon mal gesagt. Mehr gibt es nicht zu sagen - zumindest von meiner Seite. Ich könnte natürlich irgendwas altes auskramen oder irgendein Lehrthema behandeln, aber es sollte ja auch irgendwie Relevanz für uns haben.

Nun, ein Thema (bzw. ein Begriff), der mir in den letzten Wochen immer wieder mal in den Sinn kam, war: Quelle.

Eine Quelle ist ein Ort, wo dauerhaft oder nur zeitweise aus Niederschlägen gespeistes Grundwasser auf natürliche Weise austritt. (Wikipedia)

Ihr habt bestimmt schon mal Quellen auf Wanderungen gesehen (im Fichtelgebirge bspw. die Quelle des Weißen Mains am Ochsenkopf oder die Egerquelle etc.). Da sprudelt und strudelt das Wasser aus einem Stein oder Hang o.ä. heraus.

Was sind Eure Assoziationen, wenn Ihr an „Quelle(n)“ denkt?

Was steht eigentlich in der Bibel zu Quellen? Das ist jetzt kein Hauptthema der Schrift, zu dem man unzählige Bibelstellen findet. Es sind eigentlich nur ein paar wenige, überschaubare Bibelstellen, aber relativ ausdrucksstarke Stellen.

„HERR, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes / und dein Recht wie die große Tiefe. HERR, du hilfst Menschen und Tieren.
Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!
Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom.
Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.“
(Ps. 36, 6 - 10 Luther)


David versucht hier mit der Beschränktheit der menschlichen Sprache die Güte Gottes zu beschreiben. Er benutzt dabei die Dimensionen der sichtbaren Schöpfung: er redet von der Weite des Himmels (Wolken), der Höhe der Berge und der Tiefe des Ozeans. Er beschreibt das alles Gute, alle materielle Versorgung, alles Leben bei Gott zu finden ist und bei ihm seinen Ursprung hat. Aber er drückt auch eine geistliche Wahrheit aus, die letztlich erst im Neuen Bund Gültigkeit erlangt. Nämlich dort, wo Jesus von sich spricht:

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh, 14,6a Luther)

Jesus ist die Quelle des Lebens. Er ist uns zur Quelle des Lebens geworden. Er ist das Leben.

Welche Stellen finden wir noch in der Bibel? Jesus sagt z.B. im Gespräch mit der samaritanischen Frau am Brunnen:

„wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.“ (Joh. 4,14 Luther)


Und in einer anderen Stelle in der Offenbarung heißt es:

„Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offb. 21,6 Luther)


Wenn man diese beiden Stellen zusammen nimmt, heißt es also:
Jesus gibt uns lebendiges Wasser, er gibt es uns umsonst, dieses Wasser hat eine besondere Qualität: es sättigt lebenslang: dieses Wasser sprudelt sogar aus dem Gläubigen heraus und es mündet im ewigen Leben. Und das nicht erst in der Zukunft, wenn wir in die Ewigkeit eingehen, nein, dieser Prozess findet bereits jetzt in der Gegenwart statt. Und wer davon trinkt hat nie wieder Durst.

Dieses Bild, welches Jesus hier gebraucht, ist zum einen ein Bild für das Heil. Es ist ein Bild für das, worauf im Alten Bund das Volk Israels sich hingesehnt hat.

„Und mit Freuden werdet ihr Wasser schöpfen aus den Quellen des Heils“ (Jes. 12,3 Rev. Elb.)

wird ihnen im AT verheißen. Und dieses ersehnte Heil konnte nun in Jesus empfangen werden.

Und wenn man es empfängt, dann löscht es ein für allemal den Durst unserer Seele, den Durst unseres Schlundes, unserer Kehle (was „Seele“ aus dem hebr. wörtlich übersetzt heißt).

„Meine Seele verzehrt sich nach deinem Heil.“ (Ps. 119,81a Rev.Elb.)

Diese Sehnsucht nach Heil, nach ewigen Leben, nach Vergebung, nach göttlicher Annahme, nach Göttlichkeit, nach Gott selbst, sie wird ein für allemal gestillt.

Quellen spenden Leben, aus der Quelle wird ein Fluß, er bewässert das Land, das Land wird grün, Ackerbau und Viehzucht wird möglich, Fischfang wird möglich, Leben wird möglich. Eine Quelle spendet lebendiges Wasser.

Aber es gibt auch künstliche Quellen. Kennt Ihr diese kleinen Quellen für´s Wohnzimmer. Diese Sprudelsteine. Da wird das Wasser im Kreislauf gepumpt und plätschert vor sich hin. Das ist kein lebendiges Wasser, das Leben hervorbringt, sondern ein künstliches System, das nur dazu dient, dass man sich am Plätschern erfreut und evt. auch das Raumklima etwas verbessert wird - und vielleicht öfters die Toilette aufsuchen muss.

Sind wir nicht manchmal ähnlich und suchen uns künstliche Quellen? Künstliche Kraftquellen?

Ich hab letzte Woche erwähnt, dass für mich der Sommerurlaub im Kreis der Familie eine Quelle der Kraft gewesen ist. Und wir können wahrscheinlich noch viele andere solcher kleinen und großen Kraftquellen aufzählen: Sport, Wandern, Freunde, Hobbys, Musik, Gartenarbeit, Natur uvm.

Alles wunderbare Sachen, die unserem Leben Qualität geben, die gut und wichtig sind. Dinge, die uns Gott geschenkt hat, die Gott angelegt hat, als er das menschliche Leben entworfen hat, die das Leben teilweise erst wirklich zum Leben machen. „Der Mensch wird am Du zum Ich.“ hat der jüdische Philosoph Martin Buber gesagt. Erst durch die Gemeinschaft mit anderen wird mein Leben erst zum Leben. Also alles gute und wertvolle Schätze des Lebens. Alles Elemente, durch die ich die Liebe Gottes, seine Güte, Gnade, Göttlichkeit usw. erfahren und erleben kann.

Analog zu „Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird“ 1. Tim. 4,4 Luther (Aussage über die Reinheit der Speisen) könnte man sagen: Alle Quellen sind gut, die in Dankbarkeit empfangen werden (theologisch natürlich nicht korrekt).

Aber: keine dieser Quellen ist Jesus selbst. Ich möchte nicht sagen, dass sie künstlich sind, aber sie sind nicht Gott. Wir können Gott darin finden, aber sie können Gott nicht ersetzen. Das ist der Unterschied zur Esoterik.

Nichts von dem hat die Qualität um die Tiefe des Ruhens vor Gott, der Stille vor Gott, der Anbetung, der Zeit in Gottes Gegenwart zu ersetzen. Wir probieren es immer wieder, aber es funktioniert nicht. Die meisten von uns haben die Tendenz zur Martha und nicht zur Maria (vgl. Luk. 10).

Es ist schon irgendwie paradox: einerseits gibt Jesus mir ein Wasser, das zur Folge hat, dass ich nie mehr Durst habe, also nie mehr zu ihm kommen muss um zu trinken, weil ich das Heil erhalten habe; andererseits, wenn ich seine Nähe nicht suche, wird diese sprudelnde Quelle dieses Wassers, des geistlichen Lebens in mir, nur noch zu einem schwachen Rinnsaal.

Wir haben es vorhin gesungen: Jesus möchte der Mittelpunkt in meiner Schwäche und in meiner Stärke sein. Im Mangel und im Überfluss. In Freude und im Leid.

Dieses Bild von der Wasserquelle ist nicht nur ein Bild für das Heil, sondern auch für den Heiligen Geist. Am Laubhüttenfest sagt Jesus nämlich:

„Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.“ (Joh. 7, 37b - 39 Luther)

Aus unserem Leib, aus unserem Inneren, aus unserem Bauch fließen Ströme des Heiligen Geistes, fließen Ströme göttlichen Lebens. Aus uns heraus fließen die Ströme. Jesus sagt nicht, „der wird die Ströme lebendigen Wassers von Gott weiterleiten“, obwohl das theologisch sicher auch nicht falsch wäre, sondern er spricht hier bewusst davon, dass sie aus uns heraus kommen.

Wie kann das sein? Weil Christus in uns lebt, weil der Heilige Geist in uns wohnt. Dies sollten wir nicht gering achten, aus einer falsch verstandenen Frömmigkeit oder einer falsch verstandenen Demutshaltung heraus.

Ich denke dies hat auch etwas mit Souveränität zu tun. Wir sind die beauftragten Verwalter, die Haushalter, die Treuhänder, die Besitzer des Geistes. Zwar nicht die Eigentümer, aber wir entscheiden wo und wann wir uns zur Verfügung stellen um die Ströme fließen zu lassen. Wo wir nicht präsent sind, wo wir uns verweigern, wird auch nichts fließen können.

Dieses Bild vom Bauch, vom Inneren, von aus-uns-herausfließen hat vielleicht auch etwas damit zu tun, das unser Wesen, unsere Natürlichkeit, unsere Seele hier mit involviert, mit in diesem Prozess verwoben sind.

Und: die Ströme fließen von uns weg. Wir dürfen uns füllen, einweichen und durchtränken lassen...aber dann fließt er zu den Menschen. Vom In-Christus-Sein zu denen, die durstig sind.

Und das geht manchmal einfacher als man denkt. Wir hatten neulich ein Treffen mit einem Mädchen, wo ich eigentlich dachte: wir machen da ein bisschen Befreiungsdienst und gut ist. Und dann ging es eigentlich eher darum ihr die Liebe Gottes zu offenbaren, den Fluss der Liebe Gottes zu ihr durchfließen zu lassen.

Wir haben viel mehr zu geben, als wir oft von uns denken.

Es gibt aber noch eine besondere Art von Quelle: die Oase.

Eine Oase ist ein Vegetationsfleck in der Wüste, üblicherweise an einer Quelle, Wasserstelle oder einem Wadi gelegen. (Wikipedia)

In der Wüste bringt eine Quelle eine Oase hervor. Es entsteht daraus kein Fluss, sondern eine Wasserstelle. Je nach Größe der Quelle kann die Oase dann entsprechend bewirtschaftet werden. Früher haben Oase vor allem als Trinkwasserquelle für Karawanen gedient, das ist heute nicht mehr so gebräuchlich.

Aber wenn man bei diesem Bild bleibt, dann ist die Oase eher ein Bild für Menschen, die vorübergehend auftanken wollen.

Könnt Ihr Euch noch an unsere Vision (bzw. Selbstverständnis) als CGF erinnern:


OASE FÜR MENSCHEN

Lust auf ein Leben mit Jesus wecken
Annahme erleben und willkommen sein
Freude am Leben entdecken
Die erfrischende und heilende Gegenwart Gottes und seinen Frieden erfahren
Die eigenen Gaben entwickeln und fördern
Jungen Menschen Raum schaffen


Manchmal muss man sich daran erinnern, was wir für Vision hatten (oder vielleicht noch haben?). Sind wir eigentlich gescheitert? Oder ist es eine Frage der Perspektive?

Wenn ich an unsere Hauskreise denke, dann wird deutlich, da gibt es Menschen (Gäste), für die wir tatsächlich eine Oase sind, die dort entweder regelmäßig oder sporadisch auftanken. Menschen, die nicht zur CGF gehören, die nicht bleiben, aber immer wieder gerne kommen und auftanken, genauso wie man in einer Oase sich nicht zwingend ansiedelt, sondern sie nur benutzt um die Wasservorräte aufzufüllen.

Und auch in den anderen Bereichen: Freude am Leben entdecken, Annahme vermitteln, eigene Gaben entwickeln usw. kann ich uns wiederfinden. Jungen Menschen Raum schaffen: wir schaffen ihnen sogar soviel Raum, dass wir sie alle gehen lassen. Die Gegenwart Gottes erfahren? Ja, sicher mal mehr und mal weniger intensiv. Hier dürfen wir uns immer mehr wünschen.

Der einzige offensichtliche Mangel ist die Größe der Oase, sie ist recht klein. Es sind nur wenige, die sie bewirtschaften und nur wenige, denen sie Wasser geben kann. Aber, ist das eigentlich ein Mangel? Für manche schon, sonst würden sie nicht lieber in größere Oasen gehen. Vielleicht nicht unbedingt ein Mangel an Qualität, aber an Attraktivität.

Wo seht Ihr einen Mangel?

Wenn wir an die Freizeit denken, dann dürfen wir dort auf jeden Fall wieder intensiv Oase sein - für einander und für unsere Gäste.

Heute möchte ich es einmal hierbei belassen und vorschlagen, dass wir uns Zeit und Raum nehmen um in der Gegenwart Gottes neu aufzutanken.

Montag, 2. September 2013

Termine und Aktuelles September 2013

--------------Sommerpause--------------Sommerpause---------

15.09.     10.30 Uhr Arche Gottesdienst (Zeugnisse und Berichte)

22.09.    10.00 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt Norbert Wohlrab, Thema: "Jesus - unsere Quelle des Lebens")


29.09.    10.00 Uhr
Gemeindehaus St. Paul, Gottesdienst 
gemeinsam mit der JG St. Paul und der LKG 
(Predigt Hans Heidelberger, Nehemia-Team)


Weitere Infos zu den Veranstaltungen auf Wunsch per Email.


LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft in der Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche in der Theaterstraße 50

Donnerstag, 1. August 2013

Termine und Aktuelles August 2013

04.08.    11.00 Uhr Open-Air-Gottesdienst der Evang. Allianz auf 
der Freilichtbühne im Stadtpark

--------- Sommerpause --------- Sommerpause ---------


Donnerstag, 4. Juli 2013

Termine und Aktuelles Juli 2013

07.07.    10.30 Uhr Arche Gottesdienst mit anschl. Weißwurst-Brotzeit 
(Predigt Frank Mendl, Thema: "Entschleunigung")

14.07.     10.00 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen 

(Predigt Bob Hatton, Forum Leben)

21.07.     dezentrale Haus-Gottesdienste


28.07.    10.00 Uhr Gemeindehaus St. Paul, Gottesdienst 

gemeinsam mit der JG St. Paul



Weitere Infos zu den Veranstaltungen auf Wunsch per Email.


LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft in der Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche in der Theaterstraße 50

Sonntag, 23. Juni 2013

Predigt von Norbert Wohlrab (23.06.2013)

Vom Umgang mit Niederlagen

Nach der theologisch recht anspruchsvollen Predigtreihe über die Freiheit des Evangeliums, möchte ich heute einmal eine eher praktische und alltagsbezogene Predigt halten und das Ganze auch noch im Dialog mit Euch. Über den Umgang mit Niederlagen. Ein Thema, wo sich sicher keiner von uns etwas darunter vorstellen kann. Niederlagen? Was ist das denn?
Bevor man über Niederlagen spricht, muss man sich jedoch erst mal klar sein, was eigentlich Erfolg ist. Wie definiert unsere Gesellschaft, unsere Kultur eigentlich Erfolg?

Zunächst aber einmal ein kurzes Musikstück als Appetizer.

http://youtu.be/0XGqXhMqitg 

(Die Fantastischen Vier: Geboren)

Allgemein formuliert bedeutet Erfolg das Erreichen von Zielen. Manchmal stecken wir uns die Ziele selbst, oft werden sie uns vorgegeben, manchmal stecken wir uns auch vorgegebene Ziele und sind uns dessen gar nicht bewusst.

Wo habt Ihr Euch in Eurem Leben bisher Ziele gesteckt oder wo wurden Euch welche gesteckt?

(Beispiele)

Von Klein auf stehen wir unter der Vorgabe Erfolg haben zu müssen. In der Schule, beim Übergang in die weiterführende Schule, beim Abschluss, beim Notendurchschnitt, in Studium oder Ausbildung, als Teenager beim In-Sein, bei der Partnerwahl, im Beruf, in der Erziehung usw., ja auch in der Gemeinde, beim Christsein wird uns ständig vorgegeben erfolgreich sein zu müssen. Oder beim Aussehen: jeder muss heute attraktiv und ewig jung sein. (Schon meine verstorbene Schwiegermutter hat jeden Nachmittag „Reich und schön“ im TV angeschaut.)

Sicher, sich Ziele setzen und Herausforderungen zu stellen, gehört zum Leben, zum Menschsein dazu. Nur so sind auch Entwicklung und Fortschritt möglich. Aber nicht alle Vorgaben erfüllen wir leicht und gerne, und so stehen wir unter einem vielfachen Druck. Und das macht was mit uns. Ausgebranntsein, Burnout sind mögliche Folgen, aber auch Minderwertigkeit, Selbstzweifel, Unzufriedenheit, das Gefühl des Versagens usw., wenn wir die geplanten Ziele nicht erreichen.

Wo habt Ihr das Gefühl so richtig versagt zu haben?

(Beispiele)

Auch ich habe so manche Spur des Versagens durch mein Leben gezogen: In der Schule ging es los. Beim Übertritt zum Gymnasium, war ich mit den Textaufgaben komplett überfordert. Ich hatte keine Ahnung, was die da von mir wollen und hab dann in der Prüfung total versagt. Glücklicherweise liefen die anderen sehr gut und so hat es dann doch noch geklappt. Aber dann am Gymnasium: 10. Klasse, 5 Fünfer und drei Sechser, Klasse wiederholt. Beim zweiten Anlauf nahm ich dann Nachhilfe in Latein, Englisch, Physik und Chemie. Am Ende hat es wieder nicht gereicht: drei Fünfer und ab auf die Realschule. Oder im Sport: beim Fußball wurde ich immer als Letzter oder Vorletzter gewählt, weil ich halt mit dem Ball irgendwie nichts anfangen konnte. Und dann mit den Mädchen: irgendwie hatte ich als 14/15-jähriger immer recht hübsche Freundinnen, aber ich glaube, das lag v.a. an meinem „hochfrisierten“  Mofa, denn als die anderen Jungs mit 16 ihre 80er oder Krads hatten, waren die Mädchen bei mir wieder weg. Also überall Versagen. Da blieben nur noch Drogen, aber das ist eine andere Geschichte.

Erfolg hat natürlich auch was mit der Bewertung zu tun, mit den Parametern innerhalb derer er gemessen wird. Konnte man früher noch sagen: der Optimist sagt bei einem Glas Wasser, das halb gefüllt ist, dass es halb voll ist und der Pessimist, dass es halb leer ist; so muss man heute oft sagen, wenn ein Glas nur zu 90% voll ist, dann ist es unzureichend. Die Ansprüche sind gestiegen. Der Druck ist gestiegen.

Und wir werden mehr und mehr zu Sklaven der Wirtschaft, zu Objekten der Leistungsgesellschaft und der Werbebranche. Menschsein wird optimiert. Glücklich sein wird verordnet, aber glücklich sein kann nur der, der optimiert lebt, der leistungsfähig ist, der schön, erfolgreich und reich ist.

Versagen hat keinen Platz, Krankheit und Schwäche haben keinen Platz, Mittelmäßigkeit hat keinen Platz - und sind wir nicht alle irgendwie mittelmäßig? (Mittelstand, Mittelfranken) -, und unterdurchschnittlich zu sein schon gleich gar nicht.

Während es im Mittelalter noch klar war, dass Erfolg etwas ist, dass im Jenseits angeordnet ist, dass es eine Belohnung ist, die die Menschen bei Gott in der Ewigkeit zu erwarten haben und dass das Diesseits geprägt ist von Mangel und Entsagen, Armut. Krankheit und Tod. So hat sich hier durch die protestantische Arbeitsethik eine Verschiebung ergeben. Erfolg findet in der Gegenwart statt. Erfolg muss erreicht werden. Wenn man fleißig war, hatte man Erfolg. Erfolg - wirtschaftlicher und geistlicher - wird auch als Zeichen eines gottgefälligen und frommen Lebensstils angesehen.

Gerade auch in der charismatischen Bewegung wurden oft Bibelstellen aus dem Zusammenhang gerissen und hergenommen um ein Wohlstandsevangelium oder ein Erfolgsevangelium zu begründen und zu rechtfertigen.

Da wird das Bekenntnis des Paulus:

„ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.“ (Phil. 4,13 Luther)

(auch bekannt durch den Umhang von Evander Holyfield beim Boxkampf gegen Mike Tyson) zu einer Formel, mit der es uns möglich sein soll alle Bereiche unseres Lebens durch den Glauben erfolgsbringend zu gestalten. Dabei wird der vorherige Vers aber ignoriert, wo es heißt:

„Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, satt sein und hungern, beides, Überfluss haben und Mangel leiden“ (Phil. 4,12 Luther).

Paulus beschreibt hier nämlich, dass er durch Christus mit allen Umständen des Lebens umgehen kann, mit den widrigen und mit den angenehmen, mit einem vollen und einem leeren Magen, mit einem vollen und einen leeren Geldbeutel. Er sagt sozusagen genau das Gegenteil aus von dem, wozu diese Stelle oft herhalten muss.

Oder genauso wird die Aussage des Paulus

„Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart!“ (2. Kor. 2,14 Rev. Elb.)

hergenommen um unseren Anspruch zu untermauern, dass wir überall siegreich zu sein haben - triumphierend von Sieg zu Sieg - und wird dabei doch übersehen, dass Paulus hier von seiner Missionsreise berichtet, auf der er durch das Wirken Christi überall das Evangelium verkünden konnte. „Als ich aber zur Verkündigung des Evangeliums Christi nach Troas kam...“ (V. 12) schreibt er dort. (Mal davon abgesehen, dass man wenn man im Triumphzug umhergeführt wird, nicht zwangsläufig bei den Siegern zu Hause ist, sondern eigentlich der Unterlegene, der Besiegte, der Gefangene oder der Sklave ist. Und Paulus hier wahrscheinlich ausdrückt, dass er sich freiwillig zum Sklaven der Verkündigung des Evangeliums gemacht hat.)

Also wir sehen: auch unsere Theologie wurde vielfach vom Virus des Erfolgs infiziert.

Aber heißt es nicht, dass wir Frucht bringen sollen in unserem Leben? Das ist richtig. Aber was meint Ihr: ist Erfolg in einer Leistungsgesellschaft deckungsgleich mit dem ntl. Bild der Frucht? Wie sieht Frucht in unserem Leben aus?

(Beispiele)

Im Markus-Evangelium spricht Jesus:

„Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch den Samen auf das Land wirft und schläft und aufsteht, Nacht und Tag, und der Same sprießt hervor und wächst, er weiß selbst nicht wie. Die Erde bringt von selbst Frucht hervor, zuerst Gras, dann eine Ähre, dann vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht es zulässt, so schickt er sogleich die Sichel, denn die Ernte ist da.“ (Mark. 4, 26-29 Rev. Elb.) 


Von selbst bringt die Erde Frucht, heißt es hier. Im griechischen steht hier das Wort „automatos“. Ganz automatisch, das Frucht bringen ist genetisch angelegt, jeder der den Geist Gottes in sich trägt, der an den Sohn Gottes glaubt, der dadurch im Sohn Gottes bleibt, bringt automatisch Frucht. Ganz ohne Leistungsdruck. Das ist das Bild des NT. Jesus sagt, dass sein Joch sanft ist und seine Last leicht ist. Ganz entspannt.

Weiß selbst nicht wie: irgendwie ist aus meinem Leben doch noch irgendwas Gescheites geworden. Vom ehemals Drogenabhängigen zum Sozialarbeiter. (Schon mal eine Stufe besser.)

„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen“ (Röm. 8,28a Luther)

Uns dient alles zum Besten, weil wir wissen, dass wir in Christus für alle Zeit das Beste haben.

Daher haben wir unseren Platz in Christus, „egal wie Du aussiehst, egal wie Du Dich fühlst, Gott liebt Dich!“ heißt es in einem Kinderlied. Es spielt keine Rolle, ob wir oder andere uns für erfolgreich oder für Versager halten. In Christus sind wir erfolgreich. Von Gott sind wir geliebt! Er legt an uns keine Messlatte an!

Und dadurch haben wir auch die Fähigkeit und auch das Recht zur Mittelmäßigkeit, zur „Durchschnittlichkeit“, wenn wir wollen auch mal besser oder auch mal schlechter, es spielt keine Rolle. Der Zuspruch Gottes: „Du bist mein geliebtes Kind! An Dir habe ich Wohlgefallen!“ ist uns immer gewiss.

Die Bibel ist voll mit Persönlichkeiten, die versagt haben, meist sind sie in Sünde gefallen, aber Gott hält sie fest. So ist es auch bei uns. Es gibt kein Versagen, dass größer sein kann, als die Liebe Gottes.

„wenn wir untreu sind - er bleibt treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“ (2. Tim. 2,13 Rev. Elb.)

AMEN.

Sonntag, 9. Juni 2013

Predigt von Norbert Wohlrab (09.06.2013)

Die Freiheit des Evangeliums, Teil 3: Die Liebe zu Gott


1. Zusammenfassung der ersten Predigt

1.1 Teil 1: Vergebung


Ich möchte heute meine Predigtreihe über die Freiheit des Evangeliums zum Abschluss bringen. Zunächst möchte ich die beiden vorangegangenen Predigten kurz zusammenfassen und noch auf ein paar offene Fragen, die sich in Gesprächen ergeben haben eingehen.

Im ersten Teil habe ich dargestellt, dass Jesus Christus ein Opfer gebracht hat, dass für alle Zeiten gilt (Hebr.7,27).

„In diesem Willen sind wir geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi...Dieser aber hat ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht und sich für immer gesetzt zur Rechten Gottes....Denn mit einem Opfer hat er die, die geheiligt werden, für immer vollkommen gemacht....Wo aber Vergebung dieser Sünden ist, gibt es kein Opfer für Sünde mehr.“ (Hebr. 10, 10.12.14.18 Rev. Elb.) 


Und deshalb leben wir immer im Zustand der Vergebung Gottes.

„Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ (1. Joh. 2,12)

oder

„In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade“ (Eph. 1,7) 


Vergebung ist etwas, das wir haben. Etwas, das ein für alle mal geschehen ist. Etwas das Gott mit seinem Blut unterschrieben hat. Jesus muss nicht wieder neu ans Kreuz um für unsere Verfehlungen zu sterben. Das Opfer Jesu war vollkommen, der Auftrag ist vollbracht, der Gerechtigkeit wurde Genüge getan. Es gibt kein weiteres Opfer. 

 „Wo aber Vergebung dieser Sünden ist, gibt es kein Opfer für Sünde mehr.“ (Hebr. 10,18 Rev. Elb.) 

Wir wechseln daher nicht wie bei facebook unseren Beziehungsstatus von „in einer Beziehung“ zu „Single“, wenn wir wieder neu sündigen, sondern wir bleiben immer im Zustand der „Beziehung“, also des „vergebenen“ Kind Gottes. Genauso wie Ehepaare nicht nach jedem Streit neu heiraten müssen.

Die einzige Bibelstelle, die auf eine andere Praxis hinweist, finden wir im 1. Johannesbrief. Dort heißt es:


„Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.“ (1. Joh. 1,9 Rev. Elb.)

Ich habe versucht darzustellen, dass sich Johannes hier in den ersten Versen seines Briefes an die Gnostiker wendet, die versucht haben in die Gemeinden Kleinasiens einzudringen. Sie behaupteten, dass Jesus a) kein Mensch war und b) es überhaupt keine Sünde gibt. Deshalb betont Johannes eingangs, dass er Jesus a) persönlich als Mensch gekannt hat und b) wer sagt, dass er ohne Sünde ist, die Wahrheit nicht erkannt hat und daher - logische Schlussfolgerung - noch kein Christ sein kann.

Ich kann nur empfehlen: prüft die Schriftstellen und dann kommt Ihr entweder zum gleichen oder zu einem anderen Ergebnis.

1.2 Missverständnis 1: Kein Bekennen?

Was ich aber nicht sagen wollte ist, dass wir Sünden jetzt bagatellisieren sollen. Ich habe es erwähnt, aber vielleicht wurde es bei all der inneren Empörung nicht wahrgenommen.

Wenn die Bibel davon spricht, dass wir Sünden „bekennen“ sollen (Jak. 5,16), dann bedeutet dies, dass wir mit Gott übereinstimmen in der Bewertung eines Sachverhalts, denn das gr. „exomologeo“ bedeutet „übereinstimmend aussagen“. Und das setzt auch Umkehr voraus, da ich sonst zu keiner Übereinstimmung komme.

Wenn ich lüge um mir einen Vorteil zu verschaffen oder wenn ich die Ehe breche, dann darf ich das Gott gegenüber bekennen und ihm mein Fehlverhalten eingestehen. Genauso wie im Gleichnis vom verlorenen Sohn der Sohn bei seiner Heimkehr sagt: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir“ (Lk. 15,22).

Der Unterschied zu uns ist nur der, dass wir, bereits im Vorfeld die Gewissheit haben dürfen, dass uns immer vergeben ist.

Auch das Zusprechen von Vergebung kann seinen Platz haben, da es dabei nicht um das Gewähren von Vergebung geht - das hat Jesus am Kreuz vollbracht - , sondern um das Erlangen eines guten Gewissens.


2. Zusammenfassung der zweiten Predigt

2.1 Teil 2: Der Neue Bund


In der zweiten Predigt habe ich dargestellt, dass wir in einem „Neuen Bund“ leben und das dieser Bund ganz anders geartet ist als der alte Bund. Dieser „Neue Bund“ begann zeitlich gesehen mit dem Opfer Jesu am Kreuz, erst durch den Tod Jesu bekam er seine Gültigkeit.

„Denn wo ein Testament ist, da muss notwendig der Tod dessen eintreten, der das Testament gemacht hat. Denn ein Testament ist gültig, wenn der Tod eingetreten ist, weil es niemals Kraft hat, solange der lebt, der das Testament gemacht hat.“ (Hebr. 9, 16.17 Rev. Elb.)

Ihr erinnert Euch an das Beispiel mit dem Oldtimer-Traktor, der erst nach dem Tod von Fritz in das Eigentum von Johannes übergeht. Das bedeutet, dass das „Neue Testament“ eigentlich heilsgeschichtlich betrachtet erst nach dem Tod Jesu beginnt und nicht an Weihnachten.
Einige Aussagen Jesu sind daher eingebettet in das Gesetz des Mose und können nur in diesem Zusammenhang verstanden werden, weil Jesus unter Gesetz geboren wurde, um die zu befreien, die unter Gesetz waren (Gal. 4, 4.5). Jesus hob daher die Anforderungen des Gesetzes noch ein paar Stufen höher, um es noch heiliger, um sie noch unerfüllbarer zu machen („Euch ist gesagt, ich aber sage euch...“) und natürlich auch um den wahren Kern der Gebote aufzuzeigen.

Für uns gilt jedoch das Gesetz nicht, weil wir dem Gesetz gestorben sind. Und auch das Update des Gesetzes in der Bergpredigt gilt für uns nicht, da wir keine Juden sind. Daher muss sich weder zur Zeit des Paulus, noch heute, jedermann und jederfrau die Augen ausreißen.

„In Wirklichkeit jedoch ´habe ich mit dem Gesetz nichts mehr zu tun;` ich bin durch das Urteil des Gesetzes dem Gesetz gegenüber gestorben, um ´von jetzt an` für Gott zu leben; ich bin mit Christus gekreuzigt.“ (Gal. 2,19 NGÜ)

Und da ein Toter keinen Ernährungsplan mehr benötigt, brauchen wir an Jesus Gläubigen kein Gesetz.

Für Christen gilt daher, „dass für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist“ (1. Tim. 1,9 Rev. Elb.)

Unser moralischer Leitfaden für die Gestaltung des Lebens wird nicht durch zehn oder 613 Gebote bestimmt (Gesetz zu halten bedeutet immer alle Gebote halten zu müssen, nicht wahlweise!, Jak. 2,10), sondern durch: lieben.

„Seid niemand irgendetwas schuldig, als nur einander zu lieben! Denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. Denn das: "Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren", und wenn es ein anderes Gebot gibt, ist in diesem Wort zusammengefasst: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Die Erfüllung des Gesetzes ist also die Liebe. (Röm. 13, 8-10)“

Dies ist uns möglich, weil der Geist Gottes in uns lebt, weil die Gebote Jesu in unser Herz geschrieben sind (Hebr. 8,10). Wir dienen nun nicht mehr nach dem Wort, sondern nach dem Geist.

„Jetzt aber sind wir von dem Gesetz losgemacht, da wir dem gestorben sind, worin wir festgehalten wurden, so dass wir in dem Neuen des Geistes dienen und nicht in dem Alten des Buchstabens.“ (Röm. 7,6 Rev. Elb.)

Dies ist natürlich kein Automatismus, wir können immer den Geist Gottes blockieren und seine Liebesbemühungen ersticken.

Menschen, die den Geist Gottes nicht haben, benötigen dagegen ein Gesetz,

 „denn durchs Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.“ (Röm. 3,20b Rev. Elb.)

2.2 Missverständnis 2: „schwammig“ 


„Einfach nur lieben?! Das ist mir zu schwammig!“ So ungefähr lautete ein Kritikpunkt an meiner letzten Predigt von einem Hauskreis-Mitglied.

Liebe ist der Überbegriff. Und in einer idealen Welt wäre es wahrscheinlich ausreichend, aber da ein Merkmal der Menschen auch schon zu Zeiten des Paulus, eher ein gewisser Egoismus und ein Mangel an emotionaler Intelligenz war, füllt er Zeile um Zeile seiner Briefe mit praktischen Erläuterungen, was man unter „lieben“ versteht: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut, einander ertragen und sich gegenseitig vergeben, herzliches Mitleid, den anderen höher achten, nicht nachtragend sein, gastfrei sein usw.

Das NT enthält also noch viele Erklärungen wie Liebe praktisch wird. Der Unterschied zum Gesetz ist: Du verspielst nicht Dein ewiges Leben, wenn Du in einem einzigen Bereich versagst.

2.3 Missverständnis 3: Ist alles erlaubt?
Wenn es kein Gesetz mehr für Christen gibt, ist dann jetzt alles erlaubt? Kann ich dann machen was ich will? Dieses Problem hatten auch schon die Korinther.

Paulus antwortet mit:  „Alles ist mir erlaubt; aber nicht alles frommt!“ (1. Kor. 6,12 Schlachter 1951)

Oder anders ausgedrückt: wir haben Jesus Christus angezogen (Gal. 3,27) und dann passt vieles nicht mehr zu unserem Wesen. Und dann gehören viele Verhaltensweisen eben nur noch zum Leben der unerlösten Menschen, aber nicht mehr zum Leben der Gerechten (Kol. 3, 1-17) und ich bin daher überzeugt, dass niemand, der die Wahrheit erkannt hat, dauerhaft mutwillig die Freiheit des Evangeliums ausnutzen kann um in einer Kultur der Sünde zu verharren.

Andererseits hat mal jmd. gesagt, dass diese Fragestellung der beste Beleg dafür ist, dass das Evangelium richtig verkündigt wurde, da sie bei einem gesetzlichen Evangelium erst gar nicht entstehen kann.


3. Das größte Gebot 


Der Vorteil von einer Predigtreihe ist, dass man beim dritten Teil schon die Hälfte der Zeit damit rum bringt, dass man die vorherigen Teile zusammen fasst und damit weniger Arbeit hat.

Im letzten Teil geht es mir heute um eine Veränderung in der Liebe zu Gott, die wir im NT finden. Wir kennen alle die Erläuterungen Jesu zu den beiden größten Geboten:

„Und es fragte einer von ihnen, ein Gesetzesgelehrter, und versuchte ihn und sprach: Lehrer, welches ist das größte Gebot im Gesetz? Er aber sprach zu ihm: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand." Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ (Mt. 22, 35-40 Rev. Elb.) 


Also, auch wenn hier steht, dass das jetzt die Zusammenfassung des Gesetzes ist, so gilt doch auf auch für uns: Gott lieben und den Nächsten lieben! Darum geht es ja doch im Leben als Christ. Und ich habe ja auch gesagt, dass es um „lieben“ geht im Neuen Bund.

Soweit so gut, aber wir machen einen Fehler, wenn wir diese Verse lesen, nämlich wir setzen wieder unsere christliche Brille auf. Um zu verstehen, was Jesus hier wirklich sagt, brauchen wir aber eine jüdische Brille.

Lesen wir mal den Text im Zusammenhang, den Jesus hier zitiert. Dort spricht Gott zu Mose:

„Möge doch diese ihre Gesinnung bleiben, mich allezeit zu fürchten und alle meine Gebote zu halten, damit es ihnen und ihren Kindern ewig gut geht! Geh, sage zu ihnen: Kehrt in eure Zelte zurück! Du aber bleibe hier bei mir stehen! Und ich will all die Gebote und die Ordnungen und die Rechtsbestimmungen zu dir reden, die du sie lehren sollst, damit sie sie tun in dem Land, das ich ihnen gebe, es in Besitz zu nehmen. Achtet nun darauf, zu tun, wie der HERR, euer Gott, es euch geboten hat! Weicht nicht davon ab zur Rechten noch zur Linken! Auf dem ganzen Weg, den der HERR, euer Gott, euch geboten hat, sollt ihr gehen, damit ihr lebt und es euch gut geht und ihr eure Tage verlängert in dem Land, das ihr in Besitz nehmen werdet. Und dies ist das Gebot, die Ordnungen und die Rechtsbestimmungen, die der HERR, euer Gott, geboten hat, euch zu lehren, damit ihr sie tut in dem Land, in das ihr hinüberzieht, um es in Besitz zu nehmen, damit du den HERRN, deinen Gott, fürchtest alle Tage deines Lebens, um alle seine Ordnungen und seine Gebote zu bewahren, die ich dir gebiete - du und dein Sohn und deines Sohnes Sohn -, und damit deine Tage lange währen. Höre nun, Israel, und achte darauf, sie zu tun, damit es dir gut geht und ihr sehr zahlreich werdet - wie der HERR, der Gott deiner Väter, zu dir geredet hat - in einem Land, das von Milch und Honig überfließt! Höre, Israel: Der HERR ist unser Gott, der HERR allein! Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen sein. Und du sollst sie deinen Kindern einschärfen, und du sollst davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt und wenn du auf dem Weg gehst, wenn du dich hinlegst und wenn du aufstehst.“ (5. Mose 5,29 - 6,7 Rev. Elb.)

Das Gebot Gott „mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzer Kraft zu lieben“ ist die Quintessenz all der Ordnungen und Gesetze und Gebote des Gesetzes, die sich auf Gott beziehen.

Wenn wir das erste Gebot im Doppelgebot der Liebe lesen, dann denken wir: ja ok, wir sollen mit all unserem Wesen und Fühlen und Denken Gott lieben. Genau!

Wenn ein Jude, der unter dem Gesetz lebt, das hört, dann weiß er, dass er in allem was er tut, darauf achten soll, dass Gott in seiner Heiligkeit geachtet werden soll, z.B. dadurch dass beim Kochen nicht Milch- und Fleischprodukte gemeinsam verwendet werden, oder dass keine Kleidungsstücke aus verschiedenen Stoffen getragen werden, der Sabbat geheiligt wird, die Feste gefeiert, die Opfer dargebracht werden, sein Name nicht missbraucht wird, kein Götze angebetet wird, der Zehnte gegeben wird, die Kanaaniter erschlagen werden uvm.

Dies meint Jesus hier in seiner Zusammenfassung. Daran hängt das Gesetz! Das ist der Kern des Gesetzes.

Was macht Jesus hier also: er zitiert aus dem Gesetz das den Juden gegeben wurde, zu einer Zeit als das Gesetz noch volle Gültigkeit hatte, im Disput mit einem Menschen, der unter dem Gesetz steht, an einem Ort, an dem das Gesetz galt.

Nun wissen wir aber, dass wir Christen, wir Nicht-Juden mit dem Gesetz nichts zu schaffen haben.

„Denn Christus ist des Gesetzes Ende“ (Röm. 10,4a Luther)


 Daher die Frage: Hat das jetzt eigentlich etwas mit uns zu tun? Gewiss, Gott zu lieben hat mit uns etwas zu tun, aber formaljuristisch betrachtet, so wie es hier im Kontext des Gesetzes dargestellt wird, lautet die Antwort: nein!

Juristisch betrachtet, hat es mit uns erst mal gar nichts zu tun, da uns nie ein Gesetz gegeben wurde und wir uns dann auch nicht fragen müssen, welches denn die größten Gebote im Gesetz sind.

Aber mit der Liebe haben wir schon etwas zu tun. Von Paulus wissen wir, dass das Gebot der Nächstenliebe der Kern unseres moralischen Lebens als Christen ist. Wie ist es mit der Liebe zu Gott? Darum muss es doch auch gehen im Leben als Christ. Ja, darum geht es auch, aber es gibt im Neuen Bund ein paar Modifikationen zu dem Gebot des Alten Bundes. Die Parameter haben sich etwas verändert. Die Rahmenbedingungen sind jetzt andere geworden.

1. Es ist tatsächlich so, dass diese Formulierung des Gesetzes: „mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft“, nirgends mehr auftaucht im NT. Es wurde weder auf dem Konzil in Jerusalem Paulus damit beauftragt es den Heiden zu verkünden, noch hat er es in den Briefen irgendwo vermittelt. Was immer es auch konkret bedeutet haben mag, es scheint eine spezifische Formulierung des Gesetzes zu sein. Es heißt nun einfach: „Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat.“ (1. Joh. 4,19 Schlachter)

2. Und das ist auch schon die nächste Modifikation: Geht es im Gesetz um unsere Bemühungen, geht es im Neuen Bund v.a. um Gottes Liebe zu uns. „Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe...“ (1. Joh. 4,16 Rev. Elb.) Die meisten Stellen in den Briefen handeln von seiner Liebe zu uns.

3. Geht es im Gesetz darum Gott zu fürchten und daraus resultierend ihn mit ganzer Kraft zu lieben, heißt es im Neuen Bund nun: „Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wieder zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm. 8,15 Rev. Elb.) oder „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat es mit Strafe zu tun. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.“ (1. Joh. 4,18 Rev. Elb.)

4. Haben wir im Gesetz Gott lieben und den Nächsten lieben, finden wir im Neuen Bund stattdessen: „Und dies ist sein Gebot: dass wir an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben, wie er es uns als Gebot gegeben hat.“ (1. Joh. 3,23 Rev. Elb.) Also an Jesus glauben und den anderen lieben. Es ist fast so, als ob der Vater sagt: „Wenn ihr an meinen geliebten Sohn glaubt, dann ist das die größte Liebe, die ihr zu mir haben könnt. Denn ihr seid dann die Braut meines Sohnes!“

5. Und noch einen weiteren Unterschied mag es geben. Ist im Alten Bund das Leben im Segen Gottes, im Shalom, das Ziel aller Bemühungen, ist es jetzt der Ausgang. Gott hat uns bereits alles gegeben (Eph. 1,3). Ist es im Alten Bund das Ziel, in die Gegenwart Gottes zu kommen, ist es im Neuen Bund der Ausgang: der Vorhang im Allerheiligsten ist zerrissen. Ist es im Alten Bund das Ziel, Gott zu nahen, ist Gott im Neuen Bund gegenwärtig: „Oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist?“ (2. Kor. 13,5 Rev. Elb.) Wir haben schon viel, viel mehr an der Nähe, der Gegenwart Gottes in unserem Leben, in uns, als die Bundesmenschen des Alten Bundes überhaupt mit „ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzer Kraft“ jemals erreichen konnten.

Ich versuche es noch mal mit ein paar Bildern zu verdeutlichen: der Aufwand, die Hingabe, der Einsatz, den man aufbringt um die Champions League zu gewinnen, ist ein anderer, als die Gefühle, die man hat, wenn man sie gewonnen hat. Das Werben um einen Partner ist anders, als die Gefühle beim Gang zum Traualtar. Ein Soldat hat andere Aufgaben im Krieg, als im Frieden. Wer sich bemüht ins „Weiße Haus“ zu kommen, muss anders auftreten, als die Kids der Obamas usw. Wir sind bereits im Zustand der Ruhe bei Gott! Unsere Liebe ist nun eine andere!


4. Schluss

Ich komme jetzt zum Ende der Predigtreihe. Ich denke, dass ich Euch mit diesen drei Predigten einiges zum „Knappern“ gegeben habe. Bei manchen Aussagen könnt Ihr eher „bekennen“, also mit mir übereinstimmen, bei anderen weniger. Das ist ok.

Ich glaube, dass die meisten Gemeinden/Kirchen und die meisten Christen ein Problem haben im Umgang mit Neuem und Alten Bund und dazu neigen vieles zu vermischen. Dabei geht einiges von der Leichtigkeit und Freude des Evangeliums verloren.

Wenn ich mich unter dem Druck sehe, Gott mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzer Kraft lieben zu müssen (und nicht einmal weiß, was es überhaupt bedeutet), dann muss ich sagen, dass kann ich nicht - und ich habe auch noch nie jmd. kennen gelernt, der dies kann - und ich komme unter eine Schwere, unter eine Last; wenn ich mir aber vergegenwärtige, dass er mich zuerst geliebt hat und ich nur diese Liebe erwidern darf, in all meiner Schwachheit, was auch noch der Heilige Geist in mir vollbringen möchte, dann wird es wieder leicht als Christ zu leben.

„Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und "ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen"“ (Mt. 11, 28.29 Rev. Elb.)

AMEN.

Samstag, 1. Juni 2013

Termine und Aktuelles Juni 2013

02.06.    dezentrale Haus-Gottesdienste

09.06.    10.00 Uhr LKG Gottesdienst mit anschl. Essen (Predigt 
Norbert Wohlrab, Thema: "Die Freiheit des Evangeliums, 
Teil 3: Die Liebe zu Gott")


16.06.     kein Gottesdienst (wegen Sperrung der Innenstadt 
wegen des Marathons)


23.06.    10.30 Uhr Arche Gottesdienst
 (Predigt Norbert Wohlrab,
Thema: "Vom Umgang mit Niederlagen")

30.06.    Gemeinde-Ausflug, Wanderung bei Neuhaus an der
Pegnitz



Weitere Infos zu den Veranstaltungen auf Wunsch per Email.


LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft in der Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche in der Theaterstraße 50