Samstag, 2. Dezember 2023

Termine und Aktuelles im Dezember 2023

So 03.12. 10.30 Uhr Zoom-Gottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab)

So 10.12. 15.30 Uhr Outdoor-Advents-Andacht mit Wintergrillen

Fr. 15.12. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul im Gemeindehaus (Predigt Pfr. Ursula Schmidt)

So 24.12. 15.00 Uhr Heiligabend-Gottesdienst, Gemeindehaus St. Paul (Predigt Norbert Wohlrab)

So 31.12. kein Gottesdienst

 

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Sonntag, 5. November 2023

Termine und Aktuelles im November 2023

Do 2. - So 5.11. Gemeindefreizeit in Bad Alexandersbad mit Pfr. i. R. Hans Weghorn

So 12.11. 10.30 Uhr Hausgottesdienst 

So 19.11. 10.30 Uhr Zoom-Gottesdienst (Predigt Bob Hatton, Hope e.V.)

So 26.11. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

 

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Mittwoch, 27. September 2023

Termine und Aktuelles Oktober 2023

Fr 29.09. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul (Predigt Pfr. Charlotte Peschke) mit anschl. Potluck, Gemeindehaus St. Paul

So 8.10. kein Gottesdienst 

So 15.10. 10.30 Uhr Hausgottesdienst 

Fr 20.10. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul (Predigt Ehepaar Schubert), Gemeindehaus St. Paul (entfällt)

So 29.10. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

 

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Sonntag, 3. September 2023

Termine und Aktuelles September 2023

So 03.09. Gemeindewanderung

So 10.09. kein Gottesdienst

So 17.09. 10.30 Uhr Hausgottesdienst 

So 24.09. kein Gottesdienst 

Fr 29.09. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul (Predigt Pfarrerin Charlotte Peschke) mit anschl. Potluck, Gemeindehaus St. Paul

 

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Samstag, 1. Juli 2023

Termine und Aktuelles Juli/August 2023

So 02.07. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

Fr 07.07. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul, Gemeindehaus St. Paul (Predigt Uta Müller-Rehkatsch)

So 16.07. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 23.07. kein Gottesdienst

So 30.07. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 06.08. kein Gottesdienst

So 13.08. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 20.08. 10.30 Uhr kein Gottesdienst 

So 27.08. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

 

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Sonntag, 4. Juni 2023

Termine und Aktuelles Juni 2023

So 04.06. kein Gottesdienst

So 11.06. kein Gottesdienst 

Fr 16.06. 18.30 Uhr gem. Gottesdienst mit der JG St. Paul, Gemeindehaus St. Paul (Predigt Doron Schneider, Israel)


S0 25.06. 10.30 Uhr Hausgottesdienst 


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Dienstag, 2. Mai 2023

Termine und Aktuelles Mai 2023

So 07.05. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 14.05. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 21.05. 10.30 Uhr Zoom-Gottesdienst (Predigt Thomas Herrmann, JG St. Paul)

Sa 27.05. Gemeindewanderung

 

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Sonntag, 26. März 2023

Termine und Aktuelles April 2023

So 02.04. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 09.04. 10.30 Uhr Hausgottesdienst mit Oster-Brunch

So 16.04. 10.30 Uhr Zoom-Gottesdienst (Predigt Walter Oechsle)

Fr 21.04. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul, Gemeindehaus St. Paul (Predigt Norbert Wohlrab)

So 30.04. Gemeindewanderung

 

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Samstag, 25. März 2023

Predigt von Norbert Wohlrab (12.03.2023)

Die Gefangennahme Jesu

Wir bewegen uns jetzt ja zügig auf Ostern zu und so passt es ganz gut, dass der heutige offizielle Predigttext des evangelischen Kirchenjahres die Gefangennahme Jesu aus Lukas 22 ist.

Erst habe ich ja gedacht: was will man denn da groß drüber predigen, es ist eine Sequenz aus der Passion, die wir alle gut kennen. Aber es ist wie immer, umso mehr man sich mit Texten auseinandersetzt, umso mehr kann man darin entdecken.

Ich mache heute mal ein kleines Experiment und zwar habe ich die Beschreibungen des Ablaufs der Gefangennahme aus den vier verschiedenen Evangelien zu einem einzigen Text zusammengefügt. Also nicht ich, die Arbeit hatten sich vorher schon andere gemacht. Die Reihenfolge der Verse war also schon bekannt und ich musste sie nur noch zusammenfügen. Ich möchte mit Euch das Ergebnis abschnittsweise durchgehen. 

Jesus war also im Garten Gethsemane, einem Olivenhain, um sich im Gebet auf das was ihn jetzt bevorstand, vorzubereiten und zu beten. Die Jünger waren bei ihm und schliefen. Am Ende dieser Zeit des Betens (und für die Jünger Schlafens) sagt er zu ihnen:

Mt. 26,46 Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, der mich verrät, ist nahe. 

In diesem kurzen Vers am Beginn unseres Abschnitts wird schon mal eines deutlich: Jesus ist der Herr des Geschehens. Er weiß, was ihm erwartet und er agiert. Er wird nicht im Schlaf überrascht, er wird nicht aus dem Bett gezerrt, er wird nicht einfach überrumpelt, sondern er begibt sich aktiv in seine Gefangennahme.

Joh. 18,2.3 Aber auch Judas, der ihn verriet, kannte den Ort; denn Jesus versam- melte sich oft dort mit seinen Jüngern. Nachdem nun Judas die Truppe und von den obersten Priestern und Pharisäern Diener bekommen hatte, kam er dorthin mit Fackeln und Lampen und mit Waffen. 

Hier steht: Judas hatte die Truppe bekommen. Dieses Wort „Truppe“ oder „Schar“ bedeutet eigentlich „Kohorte“, und so steht in manchen Übersetzungen auch gleich römische Soldaten. Man kann daher davon ausgehen, dass eine Gruppe römischer Soldaten an der Gefangennahme beteiligt gewesen ist.

Eine Kohorte umfasst ca. 600 Soldaten. Soviel standen sicher in der Nacht gar nicht zur Verfügung und hätten dort vermutlich auch gar nicht alle hinein gepasst. Es war also vermutlich nur ein Teil dieser römischen Militäreinheit. Es waren aber auf jeden Fall eine ganze Menge an Menschen: römische Soldaten und Diener der Priester (also die Tempelpolizei, die keine Schwerter tragen durften, sondern nur Knüppel) und noch einige andere Personen. Vermutlich schon über 100 Leute. Um wieviele gefangen zu nehmen? Um einen einzigen gefangen zu nehmen. 

Warum dieser Aufwand? Sie wollten absolut kein Risiko eingehen. Es gab vor kurzem ja erst den Aufstand von Barabbas. So etwas konnten sie nicht noch einmal gebrauchen. Das hätte römische Repressalien zur Folge. Und Jesus war ja außerdem vor ein paar Tagen erst fulminant in Jerusalem eingezogen und als neuer König gefeiert worden. Es wäre nicht auszudenken gewesen, was passiert wäre, wenn die Menschenmengen die Gefangennahme mitbekommen hätten. Daher kamen sie nachts und daher kamen sie mit vielen Soldaten um einen möglichen Aufstand sofort im Keim zu ersticken.

Ich habe in einem Buch gelesen, dass der Hohe Rat beim Gerichtsverfahren Christi 22 seiner eigenen Regeln gebrochen hat, also so etwas wie die Strafprozessordnung. Dort steht bspw. dass keine Verhaftung erfolgen darf, wenn Bestechung im Spiel ist oder das kein Verfahren nach Sonnenuntergang beginnen darf. Allein diese beiden Regeln wurden schon bei der Gefangennahme gebrochen. 

4-6  Jesus nun, der alles wusste, was über ihn kommen sollte, ging hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr? Sie antworteten ihm: Jesus, den Nazarener! Jesus spricht zu ihnen: Ich bin’s! Es stand aber auch Judas bei ihnen, der ihn verriet. Als er nun zu ihnen sprach: Ich bin’s!, wichen sie alle zurück und fielen zu Boden.

Was Jesus hier sagt: „Ich bin’s“ ist die alttestamentliche Gottesformel, mit der Gott sich dem Mose zu erkennen gab: »Ich bin, der ich bin!« Es handelt sich hier in dieser Situation um eine Theophanie, um eine Gotteserscheinung, vielleicht vergleichbar mit dem Einzug der Schechina in dem Tempel. 

Gott zeigt sich hier. Seine Macht blitzt kurz auf. Und wieder wird deutlich: Jesus. Hat. Alles. Unter. Kontrolle.

(Manch einer kennt vielleicht die drei „Herr der Ringe“-Filme. Im ersten Film: „Die Gefährten“ gibt es eine Szene, in der Frodo Galadriel, der Elbenkönigin, den Ring anbietet. Und da lässt sie für einen Moment ihre ganze Macht sichtbar werden und Frodo erschrickt und fällt zu Boden. So ähnlich stell ich mir diese Szene vor.) 

7-9  Nun fragte er sie wiederum: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen: Jesus, den Nazarener! Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, dass ich es bin. Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen! — damit das Wort erfüllt würde, das er gesagt hatte: Ich habe keinen verloren von denen, die du mir gegeben hast.

Und wieder gibt sich Jesus zu erkennen, diesmal wohl ohne seine Göttlichkeit sichtbar werden zu lassen. Interessant ist hier die Aussage, dass sich das Wort erfüllen soll, dass keiner von denen, die der Vater ihm gegeben hat, verloren geht. Wo steht das eigentlich? Nun das ist keine alttestamentliche Prophetie, sondern das sagt Jesus selbst kurz vorher in Joh. 17,12: 

„Während meiner Zeit hier auf Erden habe ich sie bewahrt. Ich habe über sie ge- wacht, sodass nicht einer verloren ging außer dem, der den Weg des Verderbens beschritt, so wie es die Schrift vorausgesagt hat.“

Also auch Jesu eigene prophetischen Worte müssen genauso erfüllt werden, wie die alttestamentlichen Prophetien.

Jetzt wird’s heftig.

Mt. 26,48.49 Der ihn aber verriet, hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: Der, den ich küssen werde, der ist’s, den ergreift! Und sogleich trat er zu Jesus und sprach: Sei gegrüßt, Rabbi!, und küsste ihn.

Lk. 22,48 Jesus aber sprach zu ihm: Judas, verrätst du den Sohn des Menschen mit einem Kuss?

Auch wenn Jesus ja schon wusste, dass der Teufel von Judas Besitz ergriffen hatte, auch wenn er schon wusste, was da auf ihn zukommt, muss es doch ganz schön heftig weh getan haben, von einem seiner Jünger, seiner Gefährten verraten zu werden und dann auch noch auf diese Art und Weise.

Judas. Er war doch einer von den Zwölfen. Er hatte drei Jahre lang mit Jesus zusammengelebt. Sie haben gemeinsam gegessen und gefeiert. Sie haben Gemeinschaft miteinander gehabt. Haben zusammen Wunder erlebt. Er war einer von denen, die ausgesandt wurden, die Vollmacht zum Heilen und über die Dämonen hatten. Jesus hat ihm sogar die Kasse anvertraut. Sie waren einander vertraut. Dieser Judas verrät ihn - mit einem Kuss. 

Das war nicht der Kuss eines Sklaven, der seinem Herrn die Füße küsst. Das war nicht der Kuss eines Untergebenen, der einem Oberhaupt, bspw. einem König die Hand küsst. Das war der Kuss eines Vertrauten, eines Freundes. Auf die Backe oder den Mund. „Grüß Dich, Rabbi, Schmatz.“ Und Jesus: „Echt jetzt Judas, mit einem Kuss verrätst Du mich, mit einem Kuss?“

Der Teufel fährt alle Geschütze auf, die er haben kann. Sein Bestreben ist es Jesus davon abzuhalten seinen Weg weiter zu gehen. Hier versucht er es mit einem emotionalen Tiefschlag. Er will Jesus weh tun, ihn verletzen. So kommt es mir zumindest vor. 

Von einem Freund verraten zu werden. Das tut richtig weh. Soll er sich wirklich für solche Menschen opfern?Es gibt ja die sogenannten messianischen Psalmen in der Bibel. Das sind Psalmen, die mehr oder weniger deutlich Bezüge auf Jesus haben. Da lesen wir bspw. 

„Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, hat die Ferse gegen mich erhoben.“ (Ps. 41,10 SLT)

Mein Freund, der mit mir Gemeinschaft hatte, der Frieden mit mir halten wollte (Brot gemeinsam essen bedeutet Frieden halten), hebt den Fuß hoch um auf mich zu treten. So mag es in Jesus ausgeschaut haben. 

In einer anderen Stelle heißt es:

„Es ist ja nicht mein Feind, der mich verhöhnt – das könnte ich noch ertragen! Nicht jemand, der mich schon immer gehasst hat, spielt sich gegen mich auf – vor einem solchen könnte ich mich noch verbergen. Aber nein, du bist es, ein Mann, der mir nahestand, mein Freund und Vertrauter! Wie schön war es, als wir noch zusammenwaren und unsere Gedanken austauschen konnten! Gemeinsam gingen wir den Weg hinauf zum Haus Gottes, inmitten einer fröhlichen Menge.“ (Ps. 55, 13-15 NGÜ)

Wenn uns Nicht-Christen angehen, das können wir verkraften, dann fühlen wir uns vielleicht sogar geehrt, das schütteln wir ab, das macht uns nichts aus. Aber Angriffe aus den eigenen Reihen. Verletzungen, die uns der Bruder und die Schwester zuführen. Daran haben wir zu Knabbern.

Mk. 14,46a Sie aber legten ihre Hände an ihn.

Joh. 18,10 Da nun Simon Petrus ein Schwert hatte, zog er es und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das rechte Ohr ab; der Name des Knechtes aber war Malchus. 

Und jetzt. Die Soldaten ergreifen Jesus. Nehmen ihn gefangen und während alle noch überlegen, was sie machen sollen: „Sollen wir uns wehren? Sollen wir Jesus beschützen? Macht ja alles eigentlich keinen Sinn bei dieser Übermacht.“ Während also alle noch überlegen, schlägt Petrus zu. Aber zum Glück war Petrus Fischer und kein Soldat. Er war ausgebildet im Ausnehmen von Fischen, nicht im Menschen die Kehle durchschneiden.

Wahrscheinlich war es so: er greift als Rechtshänder nach seinem Dolch, der links im Gürtel steckt, holt aus, um dem anderen an der Kehle zu treffen und schon ist das Ohr ab. Knapp vorbei.
Es war nicht so, dass er sich gedacht hat: „Na warte, Ihr ergreift meinen Rabbi, Töten darf ich nicht, Moment, aber ein Ohr, ein Ohr, das geht, das kostet einem von Euch ein Ohr.“
 

Ich denke Petrus war ganz besonders motiviert, übermotiviert. Kurz vorher hat Jesus ihm noch gesagt, dass er ihn verleugnen wird. Dass er sich nicht zu ihm Bekennen wird. Jetzt muss er doch zeigen, dass Jesus sich auf ihn verlassen kann. Dass er nicht feige ist, sondern zu ihm hält.

Lk. 22,51 Da antwortete Jesus und sprach: Lasst ab davon! Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn. 

Lukas - der Arzt - ist übrigens der einzige, der davon berichtet, dass Jesus den Knecht heilt. Für die anderen Evangelisten war es wohl nicht so wichtig.

Mt. 26,52 Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an seinen Platz! Denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen! 

Jesus muss nicht mit Waffengewalt verteidigt werden. Der Glaube muss nicht mit Waffengewalt verteidigt werden. Gott muss nicht mit Waffengewalt verteidigt werden. Und doch ist es so oft geschehen in der Geschichte des Christentums. Wieviele Kriege wurden wegen des richtigen Glaubens geführt, wieviele Morde begangen, wieviele Menschen getötet. Jesus lehnt dies ab. „Steck das Schwert ein!“

Ich frage mich, wenn schon der christliche Glaube kein Gut ist, das verteidigt werden soll, sind dann Freiheit und Demokratie Werte die man verteidigen muss? Das ist sicher nicht so einfach zu beantworten. 

53.54 Oder meinst du, ich könnte nicht jetzt meinen Vater bitten, und er würde mir mehr als zwölf Legionen Engel schicken? Wie würden dann aber die Schriften erfüllt, dass es so kommen muss?

Zwölf Legionen Engel. Jesus redet hier von 12.000 streitbaren Engel. Es wäre überhaupt kein Problem für sie mit dieser kleinen Truppe - ob es nun 100 oder 600 sind - klar zu kommen, fertig zu werden. Aber er ruft sie nicht.

Und wieder sehen wir: Jesus hat die Kontrolle. Er hat die Macht. Aber er übt sie nicht aus. 

Überhaupt ist mir aufgefallen, dass wir oft eine Vorstellung, von der Herrschaft Gottes haben, bzw. sie in charismatischen Liedern besingen, die weder mit der Realität übereinstimmt, noch biblisch begründet werden kann. Wir singen „Gott herrscht vom Himmel herab“ und ähnliches, aber stimmt das denn überhaupt?

In der Bibel finden wir nämlich nur ganz wenige Aussagen, dass Gott herrscht oder Jesus herrscht. Die meisten sind auf das Zukünftige bezogen, aber nicht darauf, dass Gott jetzt hier auf Erden herrscht. Um uns herum sind Mord und Totschlag, Kriege, Christenverfolgung etc. Ist das Herrschaft Gottes? 

Jesus sagt vielmehr: „Wenn ich durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, dann ist die Königsherrschaft Gottes zu Euch gekommen.“ (Lk. 11,20) Da wo der Finger Gottes auftrifft, wird punktuell Herrschaft Gottes ausgeübt. Punktuell.

Und wir beten darum, dass seine Herrschaft nicht nur im Himmel geschieht, sondern auch auf der Erde. Darum bitten wir im Vaterunser, weil sie hier eben nicht geschieht. Hier auf Erden ist sie nicht der Normalfall. Vielmehr wird sie von uns erstrebt, erhofft, erfleht, darum gebeten. Das wäre ein eigenes Predigtthema, mit dem ich mich vorher jedoch noch etwas auseinandersetzen muss. Aber hier in dieser Situation, heißt es für Jesus, seine Macht, seine Herrschaft eben nicht auszuüben. 

55 In jener Stunde sprach Jesus zu der Volksmenge: Wie gegen einen Räuber seid ihr ausgezogen mit Schwertern und Stöcken, um mich zu fangen! Täglich bin ich bei euch im Tempel gesessen und habe gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen.

Hier kommt der nächste Schlag. Jesus wird wie ein Räuber behandelt. Völlig ungerechtfertigt. Jesus ist das absolute Gegenteil von einem Räuber. Er ist der Freund der Menschen und tut ihnen Gutes. Er ist kein Aufwiegler und kein Verbrecher. 

Sie hätten jederzeit die Auseinandersetzung mit ihm suchen können und haben es nicht getan. Jetzt in der Nacht kommen sie, heimlich, mit Waffengewalt. Das ist sowas von ungerechtfertigt und ungerecht.

Ich hasse es ungerecht behandelt zu werden. Ihr doch auch? Manchmal kann man ruhig bleiben - und ich muss feststellen, umso älter ich werde, umso gelassener kann ich mit erlittener Ungerechtigkeit umgehen - aber manchmal fuchst es einem doch und dann will man Recht und Gerechtigkeit. Soll er für diese ungerechten Menschen wirklich ans Kreuz gehen? 

56 Das alles aber ist geschehen, damit die Schriften der Propheten erfüllt würden. — Da verließen ihn alle Jünger und flohen.

Und jetzt der nächste Schlag: alle hauen ab. Alle. Niemand bleibt da. Auch Petrus ist weg. Auch Johannes. Jesus ist jetzt ganz allein. Verraten von einem der Jünger. Ungerecht behandelt vom Hohen Rat. Und jetzt auch noch allein gelassen. Niemand ist mehr da, der diese Last, diese Bürde mit ihm tragen kann, der ihn beisteht, der ihn ermutigt, der sich solidarisiert. Soll er für diese feigen Menschen wirklich ans Kreuz gehen? 

Mk. 14,51.52 Und ein gewisser junger Mann folgte ihm, der ein Leinengewand auf dem bloßen Leib trug; und die jungen Männer ergriffen ihn, er aber ließ das Leinengewand zurück, und entblößt floh er von ihnen. (SLT) 

Das ist jetzt eigentlich eine kleine Anekdote zum Schluss. Dieser Vers steht nur bei Markus.

Jesus wird abgeführt und ein junger Mann im Nachthemd folgte ihnen. Er gehörte nicht zu den Jüngern. War wohl noch zu jung. Aber er glaubte an Jesus. Ihm ist das Geschehen nicht verborgen geblieben. Wenn da so eine Kohorte oder zumindest ein Teil davon am Schlafzimmerfenster vorbeizieht, das kriegt man dann schon mit. Und er wollte sehen was da los ist. Und dann merken die Soldaten: „Eh, da ist ja doch nicht einer übrig, den schnappen wir uns.“ Greifen nach seinem Hemd und er hat jetzt nur die Wahl: Bekleidet gefangen genommen zu werden oder nackt davon laufen. Er hat sich für die zweite Vari- ante entschieden. Für die peinlichere. Entblößt, voller Scham muss er nach Hause fliehen. 

Man nimmt übrigens an, dass es sich bei diesem jungen Mann um Markus selbst handelt. Es war damals nicht üblich, dass die Autoren sich selbst genannt hatten. So wie auch Johannes, sich als, den Jüngern den Jesus liebte, bezeichnet hat.

Scham ist in der Bibel ja oft auch ein Bild für die Sünde. So wie Markus jetzt voller Scham fliehen muss, muss wenig später die Sünde vor Jesus fliehen, wenn er sein Werk am Kreuz „vollbracht“ hat. 

AMEN.

Fragen zum Austausch: 

Wo kann das Verhalten Jesu in dieser Situation für uns Vorbild sein? Kann es überhaupt Vorbild sein oder ist diese Situation zu speziell?

Donnerstag, 2. März 2023

Termine und Aktuelles März 2023

So 05.03. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 12.03. 10.30 Uhr Zoom-Gottesdienst (Predigt Norbert Wohlrab, Thema: "Die Gefangennahme Jesu")

So 19.03. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

Fr 24.03. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul, Gemeindehaus St. Paul (Predigt Hans Heidelberger, Thema: "Du bist ein Schatz!")


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Sonntag, 29. Januar 2023

Termine und Aktuelles Februar 2023

Fr 03.02. 18.30 Uhr gemeinsamer Gottesdienst mit der JG St. Paul, Gemeindehaus St. Paul (Predigt Hans Weghorn, Pfarrer i.R.) 

So 12.02. 10.30 Uhr Hausgottesdienst

So 19.02. 10.30 Uhr Zoom-Gottesdienst (Predigt Bob Hatton, Forum Leben)

So 26.02. 10.30 Uhr Hausgottesdienst (entfällt)


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Predigt von Norbert Wohlrab (29.01.2023)

Jahreslosung 2023 „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (1. Mose 16,13)

Ein kleiner Junge einer katholischen Schule geht mittags in die Kantine zum Mittagessen. Am Beginn der Essensausgabe sieht er eine große Schüssel mit Äpfel stehen, daneben ein Schild: "Nimm dir einen Apfel, Gott sieht dir zu."
Als er dann am anderen Ende der Essensausgabe eine Schüssel mit Keksen sieht, schreibt er auf ein Schild: "Nimm dir soviele Kekse wie du willst, Gott beobachtet die Äpfel.“


„Du bist ein Gott, der mich sieht“. So lautet die Jahreslosung für dieses Jahr. Heute geht es also ums Sehen. Darum dass Gott - uns - sieht.

Dieser Vers aus dem ersten Buch Mose ist etwas ganz Besonderes - in vielerlei Hinsicht. Es ist nämlich das erste Mal, dass ein Vers für die Jahreslosung ausgewählt worden ist, der von einer Frau gesprochen wurde. Es handelt sich ja um den Ausspruch Hagars.
Zu den weiteren Besonderheiten komme ich später. Denn zuerst wollen wir uns den Vers mal - wie üblich - in seinem Kontext anschauen. Dazu lesen wir das Kapitel 16 einmal Vers für Vers. Ich habe dazu die Übersetzung aus „Neues Leben. Die Bibel“ (NLB)  ausgewählt.

V. 1 Doch Sarai, die Frau Abrams, bekam keine Kinder. Sarai hatte jedoch eine ägyptische Sklavin namens Hagar.

Im Kapitel vorher können wir lesen, wie Gott Abraham einen leiblichen Sohn und zahlreiche Nachkommen, so viele wie Sterne am Himmel verheißt. Nur wird da seine Frau Sarai noch nicht explizit erwähnt. Es ist jedoch der logische Schluss, dass diese Verheißung sie mit einschließt, da er eben mit ihr verheiratet war. Aber bisher ist noch nichts passiert. Sie wurde nicht schwanger.

Aber Sarai hat eine Magd. Oder sogar Sklavin. Aus Ägypten. Ihr Name ist Hagar. Hagar bedeutet im hebräischen „fremd bzw. die Fremde“. Es ist also anzunehmen, dass dies nicht ihr eigentlicher Name war, sondern sie nur so tituliert wurde. Vielleicht lautete ihr ägyptischer Name ähnlich und wurde umgewandelt. Vielleicht hat sich aber auch nie jemand für ihren Namen interessiert. Vielleicht war er schlichtweg egal. Sie war eine Fremde, eine Sklavin aus Ägypten. Vielleicht ein Geschenk des Pharaos aus ihrem letzten Aufenthalt in Ägypten (Kap. 12).

Nun hat Sarai eine Idee.

V. 2 Da sagte Sarai zu Abram: »Der HERR hat mir keine Kinder geschenkt. Schlaf du mit meiner Sklavin. Vielleicht kann ich durch sie Kinder haben.« Abram war einverstanden.

Dass was Sarai hier vorschlägt ist ein damals absolut rechtskonformes Verhalten. Eine orientalische Form der Leihmutterschaft. Die Sklavin war Eigentum von Sarai. Sie konnte sie also Abram geben. Und wenn Hagar dann ihr Kind in den Schoß von Sarai hinein gebiert, gilt es als Sarais leibliches Kind.
Und Abram willigt ein. Kurz vorher hieß es noch, dass er an Gottes Verheißung glaubt und Gott hat mit ihm sogar extra einen Bund gemacht, mit Feuer und Opfertieren (Kap. 15) und jetzt willigt er so einfach in diesen Handel ein?

Es ist zum einen schon irgendwie ein Ausdruck von mangelnden Glauben und auch von mangelnder Willensstärke, zum anderen denkt Abram vielleicht aber auch, dass Gott möglicherweise auf diesem Weg wirken möchte, denn es gab ja noch keine spezifische Verheißung für Sarai. Die kommt erst im nächsten Kapitel. Und außerdem war Gott ja für Abram noch ein recht unbekannter Gott.

Außerdem sagt man ja, ein kluger Mann hört auf die Ratschläge seiner Frau. Vielleicht ist Hagar auch jung und schön und Abram denkt sich: „Okay, wenn Sarai das unbedingt will, mir soll es recht sein.“
Wie auch immer. Es war auf jeden Fall ein ähnliches Prozedere wie im Garten Eden. Dort war es Eva, jetzt ist es Sarai die ihren Mann fehlleitet. Dort war es Adam und hier ist es Abram, der nicht dagegenhält.

V. 3 Sarai gab ihrem Mann ihre ägyptische Sklavin Hagar als Nebenfrau. Sie lebten damals schon zehn Jahre im Land Kanaan.

Abram heiratet jetzt ganz offiziell Hagar. Sie ist also nicht nur eine Konkubine, sondern seine offizielle Nebenfrau.

V. 4 Abram schlief mit Hagar und sie wurde schwanger. Als Hagar bemerkte, dass sie schwanger war, verachtete sie ihre Herrin Sarai.

Der Plan geht auf: Hagar wird schwanger, aber damit gehen die Probleme erst so richtig los in dieser etwas komplizierten Familienkonstruktion. In dieser 3er-Konstellation. Hier wäre wohl mal dringend eine Familienaufstellung nötig gewesen. „Drei sind einer zuviel“, es gab da mal eine Fernsehserie in den 70er-Jahren.

Hagar ist nun Abrams Frau und gleichzeitig Sarais Sklavin. Sarai ist also weiter ihre Herrin, aber sie darf jetzt nicht mehr mit ihr schalten und walten wie sie will, denn sie ist ja gleichzeitig Abrams Frau. Eine komplizierte Situation. Wer ist jetzt der Chef?

Und Hagar ist jetzt von Abram schwanger, vom Sippenoberhaupt und trägt jetzt sein Kind, vielleicht sogar den Sohn der Verheißung in sich. Immer wenn sie ihren Bauch stolz durch das Lager trägt, bedeutet das: „Seht her! Ich bin schwanger von Abram!“ Und jetzt blickt sie auf Sarai hinab, denn Sarai ist unfruchtbar. Und damit war sie damals die geringste, die verfluchte, die am meisten verachtete aller Frauen. Hagar überhebt sich jetzt.

V. 5 Da machte Sarai Abram einen Vorwurf: »Das ist alles deine Schuld! Jetzt, wo meine Sklavin schwanger ist, werde ich von ihr verachtet. Dabei habe ich sie dir doch zur Frau gegeben. Der HERR soll Richter sein zwischen dir und mir!«

So ganz logisch ist jetzt ihre Reaktion für mich nicht. Denn es war ja alles Sarais Idee. Aber sie beschwert sich bei Abram mit Recht über Hagars Verhalten. Hagar trägt offiziell ja nur Sarais Kind aus. Sie ist ihr Eigentum. Das Kind ist Sarais Kind. Sie hat keinerlei Recht sich über sie zu erheben oder sich gar jetzt als die wahre Ehefrau Abrams zu verstehen.

Ich denke Sarai hält ihm vor allem vor, dass er nicht genügend auf Hagar eingewirkt hat und sie zu respektvollem und demütigen Umgang mit ihrer Herrin aufgefordert hatte. Und das kann schon gut sein, denn man kann schon den Eindruck gewinnen, dass er sich gern raushält aus so zwischenmenschlichen Konflikten.

V. 6 Abram entgegnete ihr: »Sie ist deine Sklavin. Mach mit ihr, was du für angebracht hältst.« Doch als Sarai hart mit ihr umsprang, lief Hagar fort.
 

Hier hat man wieder den Eindruck Abram zieht sich aus der Verantwortung. Er will sich nicht einmischen. Denkt sich vielleicht auch: „Boah! Zickenterror! Sollen die doch machen was sie wollen.“ Auf jeden Fall wird hier jetzt irgendwie das ursprüngliche Rangverhältnis wieder hergestellt. Jetzt gilt wieder zuerst Hagars Stand als Sklavin.

Interessant ist, dass im Kodex Hammurabi, einer Gesetzessammlung aus dem 2. Jahrtausend vor Christus, ein ähnlicher Fall erwähnt wird. Dort steht nämlich:

„Gab sie ihren Eheherrn eine Sklavin, welche dann Kinder gebar; und beanspruchte dann diese Sklavin gleiches Recht wie ihre Herrin, weil sie Kinder geboren hatte, so durfte ihre Herrin sie nicht verkaufen; sie sollte sie zu den Sklaven rechnen.“

Und jetzt wo Sarai wieder das vollumfängliche Sagen hat, springt sie hart mit ihr um und Hagar läuft davon.

V. 7 Der Engel des HERRN fand Hagar in der Wüste neben der Quelle am Weg nach Schur.

Hagar flieht auf der Hauptstraße in Richtung Ägypten. Der Weg nach Schur ist eine bekannte Verbindung und wird öfters in der Bibel erwähnt. Dort lässt sie sich an einer Quelle nieder. Dort findet sie der Engel des Herrn, der hier das erste Mal in Erscheinung tritt. Und wenn im AT der „Engel des Herrn“ erwähnt wird, sind die meisten Ausleger der Meinung, dass damit der noch-nicht-Mensch-gewordene Messias in Erscheinung tritt. Jesus, als zweite Person der Dreieinigkeit, vor der Fleischwerdung.

V. 8 Er sprach zu ihr: »Hagar, Sklavin von Sarai, woher kommst du und wohin gehst du?« »Ich bin auf der Flucht vor meiner Herrin Sarai«, antwortete sie.

Gott weiß natürlich wo Hagar herkommt. Aber er fragt sie dennoch - irgendwie mitfühlend, fast seelsorgerlich. „Hagar. Wo kommst Du her? Wo willst Du hin?“ Er kennt sogar ihren Namen.
Und Hagar beantwortet nur eine der Fragen. Sie weiß, wo sie herkommt, aber weiß sie auch wo sie hin will? Schwanger, allein, ohne Mittel. Und was wäre, wenn sie es wirklich nach Ägypten schaffen würde? Sie wurde ja verkauft oder verschenkt? Wo soll sie denn hin? Würde es ihr dort besser gehen? Auf diese Frage hat sie vermutlich keine Antwort. Sie ist übrigens hier die erste Frau nach Eva in der Bibel, die mit Gott spricht. Und auch noch eine Ägypterin.

V. 9 Da sprach der Engel des HERRN: »Kehr zu deiner Herrin zurück und ordne dich ihr unter.

Das ist jetzt vielleicht erstmal nicht das, was sie hören möchte. Sie soll zurück zu Sarai, die sie so fertig gemacht hat? Fliehen und irgendwo neu beginnen wäre doch die deutlich schönere Lösung.
Das ist ja auch genau das, was viele oft probieren, wenn beispielsweise die Ehe schwierig wird: davon laufen und mit jmd. anderes neu starten. Wir erleben es gerade wieder im Freundeskreis. Oder bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz. Man kann es nicht ganz vergleichen, aber ein bisschen ähnlich ist es schon.

Aber Gott sagt hier: Geh zurück und beuge dich, demütige dich, ertrage ihre Härte. Nimm dein Kreuz auf Dich! Aber dann kommt doch noch etwas Positives:

V. 10 Ich werde dir mehr Nachkommen geben, als du zählen kannst.
V. 11 Du wirst einen Sohn bekommen. Nenne ihn Ismael, denn der HERR hat deine Hilferufe gehört.
V. 12 Dein Sohn wird ungezähmt sein wie ein wilder Esel! Er wird sich gegen alle stellen und alle werden gegen ihn sein. Ja, er wird mit allen seinen Brüdern im Streit leben.«


Jetzt bekommt auch Hagar eine Verheißung. Die Frau, die eigentlich überhaupt keine Rolle spielen sollte in der Geschichte. Diese Frau bekommt eine Verheißung für ihren Sohn, den es überhaupt nicht geben sollte.
Genau wie Abram bekommt sie eine Verheißung bezüglich einer unzählbaren Nachkommenschaft. Sie wird einen Sohn bekommen. Gott hat auch schon seinen Namen ausgewählt: Ismael, das heißt „Gott hört“, weil Gott ihre Hilferufe gehört hat, von denen steht gar nichts in der Bibel, aber es hat sie wohl gegeben.
Sie ist eine der wenigen Frauen in der Bibel, die den Namen ihres Sohnes von Gott ausgesucht bekommen (Elisabeth, Maria….).

Und dieser Sohn, dieses Volk das aus ihm hervorgeht, wird ganz anders sein als es ihr jetzt ergeht. Sie ist die Unfreie, die Sklavin. Aber Ismael wird frei und wild sein, wie die Wildesel in der Steppe. Er wird stark sein und sich niemanden unterordnen. Man vermutet, dass die arabischen Nomaden die Nachfahren der Ismaeliter sind.
Das was für uns vielleicht erstmal gar nicht so toll klingt (wilder Esel?), muss in Hagars Ohren ganz anders geklungen haben: mein Sohn der Freie, der Kämpfer, der Streiter, der Wilde.

V. 13 Da nannte Hagar den HERRN, der zu ihr gesprochen hatte, El-Roï („Gott des Sehens“). Denn sie sagte: »Ich habe den gesehen, der mich sieht!«

Oder in anderen Übersetzungen:

„Du bist ein Gott, der mich sieht“ (LU17)
„Du bist El-Roï - Gott schaut auf mich“ (EÜ)

Jetzt sind wir also endlich bei der Jahreslosung.

  • Der erste von einer Frau gesprochene Vers in einer Jahreslosung.
  • Die erste Frau, die außerhalb des Paradieses mit Gott spricht.
  • Der erste Mensch in der Bibel, der eine Begegnung mit dem Engel des Herrn hat.
  • Die erste Frau, der eine göttliche Verheißung für ihr Kind zugesprochen wird.
  • Und die erste Theologin. Denn was Hagar hier formuliert ist Theologie! Sie beschreibt Gott aus ihrer eigenen Erfahrung. „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Gott ist ein sehender Gott. Sicher, es ist nur Erfahrungstheologie, aber eine wahre Beschreibung Gottes.


Gott hat mich wahrgenommen. Er hat mich angesprochen. Er interessiert sich für mich. Er hat mein Schreien gehört. Gott sieht mich von Angesicht zu Angesicht. Das ist mehr als alle Likes auf instagram.

Sie beschreibt Gott so, wie sie ihn gerade erlebt hat. Und das ist etwas, das können wir auch:

  • Du bist der Gott, der mich von meiner Drogensucht befreit hat!
  • Du bist der Gott, der mich geheilt hat!
  • Du bist der Gott, der meine Wege geführt hat!
  • Du bist der Gott, der mir eine Familie geschenkt hat!
  • So wie wir ihn eben - jeder persönlich -  in unserem Leben erfahren und erlebt haben.


Zurück zu Hagar. Trotz der Begegnung mit Gott und der Verheißung wird nicht einfach alles gut. Hagar wird gesehen, wertgeschätzt, geliebt und muss trotzdem zurück in die schwierigen Lebensumstände. Muss sie ertragen. Aber sie macht es. Ob sie von dieser Begegnung erzählt hat? Auf jeden Fall lesen wir später, dass Abram den Sohn Ismael nennt (V. 15), also muss irgendein Austausch stattgefunden haben.
Ich kann mir gut vorstellen, dass sie Abram von dieser Begegnung erzählt hat und Abram ihr geglaubt hat. Er hatte ja selbst schon seine übernatürlichen Begegnungen mit Gott gehabt.

Es erinnert mich ein bisschen an den Psalm 23. Dort heißt es ja im Vers 1: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“ und dann im Vers 4 „auch wenn ich wandere im Tal des Todesschattens“ (ELB).

Auch hier bewahrt der Segen, der Zuspruch,  die Versorgung, die Gegenwart Gottes nicht vor dem Gang durchs finstere Tal, durchs Tal der Todesschatten. Und David wusste wovon er schrieb.

Oder wie wir es letzte Woche im Hausgottesdienst gelesen haben:

„Seid um nichts besorgt, sondern in allem sollen durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden; und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christus Jesus.“ (Phil. 4, 6.7 ELB)

Nicht die Lösung aller Probleme wird zugesagt, sondern Gottes Frieden! Hagar hat zu Gott geschrien und gefleht und er stärkt sie durch diese Begegnung, gibt ihr Frieden, aber ändert nicht die Umstände.

Ist das jetzt nur eine Einzelbegegnung, ein Einzelfall in der Bibel? Ja und Nein.

Ja, es ist wirklich eine ganz besondere Begegnung zwischen Gott und Hagar. Gott offenbart sich nicht immer so, er begegnet nicht immer den Menschen auf diese persönliche Art und Weise. Hier geschieht schon etwas ganz Besonderes, etwas sehr Berührendes wie ich finde. Und auch der Gottesname „El Roi“ wird nur an dieser Stelle erwähnt.

Aber auch nein, denn wir lesen:

„ Der HERR schaut vom Himmel herab und sieht alle Menschen, von seinem Thron aus sieht er jeden einzelnen.“ (Ps. 33, 13.14 NLB)

Gott sieht alle Menschen. Gott sieht uns. Er kennt sogar die Anzahl unserer Haare (Mt. 10,30). Ich denke, das ist ein Bild dafür, dass er uns und unser Leben in allen Details kennt.
Und wenn wir uns bspw. das Leben Jesu anschauen, dann sehen wir da sehr viele Begegnungen von der Art und der Tiefe, wie die von der wir heute gehört haben. Denken wir bspw. an die Begegnung mit Zachäus. Jesus sieht den, den sonst keiner sehen will, den keiner wahrnimmt, den niemand zum Freund haben will und kehrt bei ihm ein.

Und so wie Hagar durch die Begegnung mit Gott umgekehrt ist, ist auch Zachäus umgekehrt und hat sein Leben geändert.

Nochmal zurück zu unserem Text in Mose 16. Da geht es weiter.

V. 14 Die Quelle erhielt später den Namen Beer-Lachai-Roï („Brunnen des Lebendigen, der mich sieht.“). Sie liegt zwischen Kadesch und Bered.

Der Brunnen wurde also später nach dieser Begegnung genannt. Und es wird der Brunnen sein, an dem Isaak sich viele Jahre später ansiedelt.

Ein neues Jahr hat begonnen. Ich würde mir für uns alle wünschen, dass wir viele Begegnungen mit Gott in diesem Jahr haben, wo wir ihn erleben, als der, der uns ansieht, der uns hört, der zu uns spricht, uns hilft oder uns auch zur Umkehr leitet.

Hagar hat zu Gott geschrieen. Vielleicht haben wir nicht alle Nöte, die uns schreien lassen. Aber wir können ihn alle suchen, seine Gegenwart suchen.

Noch einen Vers des Kapitels noch zum Abschluss. Damit auch alles rund ist.

V. 15 Hagar aber gebar Abram einen Sohn und Abram nannte ihn Ismael.

AMEN.