Dienstag, 28. Februar 2012

Predigt von Karin Tschaftary (26.02.12)

Gott will dich, aber er braucht dich nicht!


Vorbemerkung:

Auch wenn das alles sehr allgemein klingen mag, ist es für mich ein sehr persönlicher Prozess, durch den ich gerade gehe – herauszufinden, dass Gott mich liebt und dass nur durch seine barmherzige Art (und durch den Tod Jesu) ich Zugang zu ihm habe, nicht dadurch, dass ich irgendetwas leiste. Wer im Folgenden keinen „roten Faden“ erkennen kann, soll die Dinge als Puzzlesteine nehmen, vielleicht passt ja das eine oder andere Teilchen in das persönliche Leben.

Fast ein Märchen:

Es war einmal eine Prinzessin. Ihr Vater, der König beschloss, dass sie für ihr Leben etwas lernen sollte, deshalb ließ er sie zunächst nicht auf seinem Schloss wohnen, sondern schickte sie zu einer Familie, in der sie aufwachsen sollte. Er gab den Eltern einen Brief, in dem er schrieb, auf was sie achten sollten und welche Dinge seine Tochter lernen sollte, bis sie wieder mit ihm auf dem Schloss wohnen würde. Die kleine Prinzessin fühlte sich wohl bei ihrer neuen Familie, hatte alles, was sie brauchte und vergaß ab und zu, dass sie eigentlich die Tochter des Königs war. Als sie lesen konnte, bekam sie das Schreiben ihres königlichen Vaters ausgehändigt und las die Anweisungen. Sie sollte jeden Tag einen Brief an ihren Vater schreiben; im Dorf sollte sie dafür sorgen, dass der König gut angesehen war, der König wünschte, dass sie stets ehrlich, fleißig und fröhlich sei; ihren Zieheltern sollte sie gehorchen, als sei sie deren eigenes Kind; sie sollte über niemanden schlecht reden und noch hundert andere wichtige Dinge tun oder lassen. Die Prinzessin bemühte sich nach Kräften, alle diese Wünsche des Königs zu erfüllen. Sie spielte auf ihrer Flöte für die Alten im Dorf, verband von der Schlacht Verwundete, scherzte mit den Kindern, jätete im kleinen Gärtchen am Haus das Unkraut und hatte immer ein offenes Ohr für alle Nöte, die an sie herangetragen wurden. Manchmal weinte sie sich nachts leise in den Schlaf, damit es niemand hören sollte. An manchen Tagen wusste sie nicht, was sie ihrem Vater im Schloss schreiben sollte, aber sie arbeitete hart daran, eine gute Königstochter zu sein und las sich immer wieder die Anweisungen durch, dass sie auch keine vergessen oder missachten würde. Als sie ins heiratsfähige Alter kam, besuchte sie ihren Vater auf dem Schloss. Sie wollte wissen, was sie zu tun hätte, um zu ihm ziehen zu dürfen und als Prinzessin leben zu können. Der König fragte sie, ob sie all die Regeln, die er ihr gegeben hatte, stets befolgt hätte. Darauf antwortete sie, dass sie von klein auf nichts anderes tat, als nach diesen zu leben. Da sprach der König: „Glaubst du, dass das ausreicht, um in mein Schloss zurück zu kommen?“ Da senkte die Prinzessin traurig ihr Haupt, drehte sich um und wollte zurückkehren, woher sie gekommen war. In dem Moment legte sich eine Hand, zugleich schwer und leicht auf ihre Schulter. „Meine Tochter“, sprach der König und drehte die Prinzessin sanft zu sich herum. „Meine Tochter, meinst du, du schaffst es, aus eigener Kraft all das zu erfüllen, was ich dir befohlen habe zu tun? Niemals würdest du es schaffen und du hast es bis jetzt nicht einmal geschafft! Die bösen Worte gegen deine Eltern, nur selten ein Brief an mich, deine niedergeschlagene Art … zu jedem Punkt auf meiner Liste könnte ich dir unzählige Beispiele nennen, wo du dich nicht an die Regeln gehalten hast! Aber vergiss nicht, du darfst immer und zu jeder Zeit zu mir kommen, dein Bruder, der Prinz hat sich darum gekümmert, dass du bei mir wohnen darfst und meine Liebe reicht aus, dass – egal was du schaffst oder nicht schaffst – du Zugang zu meinem Thronsaal hast.“

Diese Geschichte habe ich mir ausgedacht, um ein bisschen zu erklären, wie es mir so mit Gott geht. Ich denke, dass jeder von uns in gewissen Teilen diese Prinzessin ist (für Männer denkt es Euch einfach als Königsohn …). Eine ähnliche Geschichte steht auch in der Bibel, ich werde sie euch am Schluss noch vorlesen. Ich persönlich bin wie die Prinzessin mit ganz vielen Regeln aufgewachsen, was man als Christ tun oder lassen muss. Ich dachte auch immer, dass ich diese Regeln recht gut befolgt hätte. Nur je mehr ich mich mit der Materie beschäftigte, desto mehr Regeln tauchten auf, oder ich habe mir selber welche gebastelt. Versuch nur mal nur folgende (für sich gesehen gute) Regeln gleichzeitig zu befolgen. (Ich habe jetzt Regeln aus meinem Hausfrauendasein gewählt, die kann vermutlich jeder verstehen): kaufe preiswert, ökologisch, langlebig und fair Kleidung ein oder: sei gastfreundlich und habe stets ein offenes Haus und halte dein Haus stets ordentlich …

Bei einigen Regeln ist es mir auch richtig schwer gefallen – oder ich habe sie immer wieder vergessen, z.B. seid dankbar in allen Dingen (1. Thes. 5, 18) Sagt Dank Gott dem Vater allezeit für alles (Eph. 5,20). Ich bin der Meinung, dass das alles wichtig und gut ist, sehr wichtig sogar, aber der Kernpunkt ist für mich, dass Gott seine Liebe zu uns nicht davon abhängig macht, dass wir alles richtig machen.

Wer selber Kinder hat, der hat auch bestimmte Regeln für das Zusammenleben in der Familie aufgestellt. Aber selbst wenn wir sauer sind, wenn die Kinder sich daneben benehmen, sind es immer noch unsere Kinder. Und wenn sie so richtig über die Stränge schlagen (spätestens als Teenager), dann tut es uns eher weh, als dass wir sie nicht mehr lieb hätten, oder?

Ich glaube nicht einmal, dass es darum geht, Gott eine Freude zu machen mit dem, was wir tun. Gott freut sich am meisten daran, dass es uns gibt. Er braucht keine Sklaven, sondern Kinder! (Gal. 4, 7: Ihr seid nicht länger Gefangene des Gesetzes, sondern Kinder Gottes. Und als Kinder Gottes seid ihr auch seine Erben, denen alles gehört, was Gott versprochen hat). Und hier geht es nicht um ein kleines Erbe, es ist ähnlich wie bei der Prinzessin aus der Geschichte, dass wir Eben eines großen Reiches sind und dass uns, wenn wir Jesus als unseren Herrn anerkennen schon jetzt Zugang zu all den Segnungen haben. Außerdem wird hier deutlich, dass buchstabengetreues „Erfüllen“ des Gesetzes und zu Gefangenen macht – und wir sollen doch durch Jesus frei sein! Warum treten wir nicht den Schritt nach vorn in die Freiheit an?

Ich glaube, dass Gott möchte, dass wir zur Ruhe kommen, uns bei ihm ausruhen, bei ihm auftanken und sein Herz erkennen, d.h. rausfinden, wie und wer er wirklich ist. Er hat uns nicht einen Arbeitsplan geschickt, den wir abarbeiten müssen, sondern er hat einen Liebesbrief für uns geschrieben, den wir einfach nur genießen sollen.

Eine Bibelstelle fällt mir dazu ein, die gerne zitiert wird, wenn Geld eingesammelt wird: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“. Ich glaube nicht, dass das heißt: gebe und mach dabei ein nettes Gesicht, auch wenn dir gar nicht nach Geben ist, ich glaube, dass Gott nicht möchte, dass wir unter Druck, unter Stress geben. Sei es nun materiell, also Geld oder Sachen, oder in anderer Form (z.B. Hilfestellung für andere, ehrenamtliche Dienste, „Ämter“ etc.). Es soll uns gut gehen, dann geben wir gerne und es kommt auch an.

Tu dir was Gutes. Wenn du es dir gut gehen lässt, dann kannst du unverkrampft Dinge tun, die, wenn es dir schlecht geht nur leere Werke werden. Wenn es dir gut geht, lebst du (nach der Statistik) länger und hast dann genauso viel Zeit das zu tun, was Gott vielleicht wichtig ist. Du kannst es aber aus einer Freude und Entspanntheit heraus tun und dann wird es die „Freude am Herrn“ auch eher widerspiegeln, als wenn du selbst gestresst, griesgrämig und traurig bist.

Zuerst zu Ruhe kommen, das Wohlbefinden genießen, sich am Leben freuen, nicht Leistungsstress, sondern das Gute, die Ruhe, den Frieden dann weitergeben. Die Frucht des Geistes ist nach Gal. 5, 22: Liebe und Freude, Frieden und Geduld, Freundlichkeit, Güte, Besonnenheit, Selbstbeherrschung; Paulus schreibt dann weiter: Ist das bei euch so? Dann braucht ihr das Gesetz nicht zu fürchten.

Was zerstört diese Frucht? Im Natürlichen:

  • Schlafmangel (finde heraus, wie viel Schlaf DU brauchst – vermutlich mehr, als du schläfst)

  • Termine (mache lieber weniger, als mehr Termine – was tut dir gut, was zehrt an deiner Energie, was kannst du ändern?)

  • Essen (tut dir eine Diät wirklich gut, oder nimmt dich das Kreisen um Kalorien etc. eher gefangen?)

  • nicht genügend Auszeiten (Zeit für dich, schöne Zeit mit Gott, stressfrei)

  • Mangelnde Bewegung

  • Schmerzen (manche Schmerzen resultieren aus den obigen Punkten)

D.h. Schlafe genug, achte auf deine Termine, iss „ordentlich“, gönn‘ dir Pausen, bewege dich.

Was kannst du im geistlichen Bereich tun, dass die Frucht reift?

  • Sei dankbar (Schwierigkeiten können auch eine Vorbereitung für etwas sein)

  • Sprich biblische Wahrheiten aus (als Waffe gegen miese oder falsche Gedanken)

  • Lobe Gott in Liedern

  • Versuche, Gott kennen zu lernen


Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.“ (Jahreslosung 2009) – (Lk. 18,27)

Ich tu, was ich tun kann, Gott tut das, was ich NICHT tun kann. („Keiner kümmert sich um mich“ – kümmre du dich um dich!)

Ein alter Slogan der Post spricht mich in diesem Zusammenhang stark an: „Unter’m Strich zäh‘ ich.“

Wenn du der einzige Mensch wärst, würde sich Gott um dich bemühen, dich lieb haben, wäre Jesus alleine für deine Befreiung gestorben!

In Joh. 16,24 steht: „Bisher habt ihr in meinem Namen (Jesu) noch nichts erbeten. Bittet ihn (Gott) und es wird euch gegeben. Dann wird eure Freude vollkommen sein.“

Gott will uns, aber er braucht uns nicht. D.h. Gott will, dass wir ja zu der Kindschaft sagen, dass wir ja sagen zu ihm, aber er braucht keine Sklaven.

Jetzt möchte ich euch zum Schluss noch die Geschichte vorlesen, wie sie in der Bibel steht:

„Und als er (Jesus) auf den Weg hinausging, lief einer herbei, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Lehrer, was soll ich tun, damit ich ewiges Leben erbe? Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott. Die Gebote weißt du: `Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsches Zeugnis reden; du sollst nichts vorenthalten; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er aber sagte zu ihm: Lehrer, dies alles habe ich befolgt von meiner Jugend an. Jesus aber blickte ihn an, gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eins fehlt dir; geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach! Er aber ging, entsetzt über das Wort, traurig weg, denn er hatte viele Güter. Und Jesus blickte umher und spricht zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die, welche Güter haben, in das Reich Gottes hineinkommen! Die Jünger aber erschraken über seine Worte. Jesus aber antwortete wieder und spricht zu ihnen: Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes hineinzukommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch das Öhr der Nadel geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt. Sie aber gerieten ganz außer sich und sprachen zueinander: Und wer kann [dann] errettet werden? Jesus aber sah sie an und spricht: Bei Menschen ist es unmöglich, aber nicht bei Gott; denn bei Gott sind alle Dinge möglich.“ (Mk. 10, 17 - 27)


Freitag, 17. Februar 2012

Predigt von Norbert Wohlrab (12.02.12)

Gemeinschaft braucht Eigeninitiative


1. Einleitung

Ich möchte heute mal mit einem Zitat beginnen - vielleicht habe ich es auch irgendwann schon mal in einem anderen Zusammenhang erwähnt, aber ich finde es nach wie vor sehr bedeutsam:

Eine Gemeinschaft lebt nur, wenn sie selbst aktiv ist. Wenn sie sich nur betreuen lässt, stirbt sie.“

Diese Aussage, die so viel Wahrheit enthält, stammt weder aus der Bibel, noch von weisen Menschen wie Sokrates, Plato oder Einstein. Nein, sie stammt von einem FDP-Politiker (den Namen habe ich mir leider nicht notiert) aus einer Debatte zum Haushalt der Stadt Fürth aus dem Jahre 2010 (oder 2011?).

Ihr kennt ja alle das Infoblatt der Stadt Fürth und da sind manchmal Reden aus den Ratssitzungen abgedruckt und so bin ich einmal zufällig über diese Aussage gestolpert, die mir sehr gut gefällt. Ich weiß nicht, ob er es irgendwo geguttenbergt hat - auf jeden Fall ist es eine unheimlich tiefgründige Aussage: „Eine Gemeinschaft lebt nur, wenn sie selbst aktiv ist. Wenn sie sich nur betreuen lässt, stirbt sie.“

Das Erschreckende an dieser Aussage ist, dass sie eigentlich für alle oder zumindest viele Bereiche des sozialen Lebens anwendbar ist. So gilt sie bspw. im Wirtschaftsleben: eine Firma kann sich nur weiter entwickeln, wenn immer wieder neue Ideen entwickelt werden, neue Innovationen und Initiativen entstehen, neue Wege gegangen werden, sonst kann sie im Konkurrenzkampf nicht mithalten, sonst wird sie den Anforderungen von sich veränderten Märkten nicht gerecht. Wenn ein Versandhandel bspw. ignoriert, dass mittlerweile ein Großteil der Geschäfte über das Internet abgeschlossen werden, ist er nicht länger konkurrenzfähig. Wenn eine Firma keine Plattform für Innovation und Kreativität bietet, wird sie sich nicht weiter entwickeln.

Sie gilt aber genauso für die politische Gemeinde und sie gilt genauso für Verbände und Vereine. Ohne Initiative von Einzelnen oder von Gruppen erstarrt das Leben, gibt es keine Entwicklung. Ohne das Einbringen neuer Ideen entsteht kein neues Leben, keine Vielfalt; wenn nur versucht wird den status quo zu verwalten, wird das Leben erstickt.

Sie gilt genauso für die Ehe, für Partnerschaften und auch für das Fußballteam. Jede Zweierschaft braucht neue Anregungen, damit sie nicht erstarrt, jede Fußballelf braucht die genialen Geistesblitze von kreativen Offensivspielern, sonst kann sie das gegnerische Abwehrbollwerk nicht überwinden. Eine Mannschaft, die nur den Ball halten will (wie letzte Saison bei Bayern München unter Louis van Gaal) spielt nicht nur unattraktiven Fußball, sondern wird sich auch schwer tun das Spiel zu gewinnen.


2. Prinzipien aus dem Reich Gottes (oder der Nachfolge)

Und diese Wahrheit gilt - wie könnte es anders sein - natürlich auch für die Gemeinde, für die Gemeinschaft der Christen. Ja gerade hier, denn in diesem Satz finden wir fundamentale Wahrheiten des Reiches Gottes!

2.1 Das Einbringen der eigenen Begabungen

Wir finden hier z.B. das Prinzip des Einbringens der eigenen Fähigkeiten, der eigenen Gaben und Möglichkeiten.

Christliche Gemeinschaft, christliches Leben im Allgemeinen ist auf Wachstum angelegt. Im Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Mt. 25, 14-30), wird derjenige bestraft, der nichts aus seinen Möglichkeiten gemacht hat, der keine Initiative gezeigt hat, der die Talente nur vergraben hat und es werden diejenigen belohnt, die sie gewinnbringend, sich vervielfältigend eingesetzt haben.

Gott hat uns ausgerüstet! Einem jeden aber ist gegeben, sagt Paulus! Jeder hat seine ganz speziellen Möglichkeiten und Fähigkeiten bekommen, die er einbringen kann. Seien es jetzt geistliche Gaben oder natürliche Begabungen: wir sind alle bestens ausgerüstet.

2.2. Den Bau des Reiches Gottes (oder Leib Christis)

Ein weiteres Prinzip, dass in diesem Zitat verborgen ist: es geht um die Gemeinschaft. Es geht nicht um mich, es geht nicht nur um meine Familie, es geht um viel mehr. Und das steht so ganz im Gegensatz zum Zeitgeist und zur zunehmenden Individualisierung in unserer Gesellschaft.

Alles was gegeben ist, „dient zur Erbauung des Leibes Christi“ (Eph. 4,12) schreibt Paulus. Jede Gabe, jede Aufgabe, jede Fähigkeit, jede Initiative hat dieses Ziel: der Leib Christi soll erbaut, soll auferbaut, soll gebaut werden! Darum geht es! Und ich sehe den Leib Christi hier größer als die Gemeinde, ich sehe ihn hier als jede Initiative, jedes Werk, dass das Ziel hat Reich Gottes in dieser Welt auszubreiten!

Es geht darum, dass Wohl des Ganzen im Blick zu haben! Auf politischer Ebene oder kommunaler Ebene spricht man von dem Gemeinwohl! Ein leicht antiquierter und angestaubter Ausdruck, der heute zwar zunehmend an Bedeutung verloren hat, aber der nach wie vor für das Wohlergehen einer Gesellschaft unabdingbar ist. Da wo nur die Ziele Einzelner oder einzelner Gruppen verfolgt werden, geht jede soziale Komponente verloren. Dann dominieren nur noch Egoismus, Gewinnmaximierung und Macht!

Gott wollte eine soziale Gesellschaft. Er wollte weder den Kapitalismus des Westens noch die Oligarchien des Ostens. Beides sind Systeme, in denen der Mammon regiert. Und da wo der Mammon regiert, freut sich der Teufel. Bedenken wir, er hat Jesus in der Versuchung alle „Reiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit“ (Mt. 4,8) angeboten. (Natürlich die USA ausgenommen, weil das ist ja „God´s Country“.)

Vor ein paar Tagen stand folgender Vers in der Tageslosung:

Wehe denen, die ein Haus zum anderen bringen und einen Acker an den andern rücken, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen!“ (Jes. 5,8)

Deshalb hat er im Gesetz Mechanismen eingeführt wie das Jobeljahr, in denen es nach 50 Jahren wieder zu Rückverteilungen kommen sollte. Jedes erworbene Land musste nach 50 Jahren wieder an den vorherigen Besitzer zurückgegeben werden (3. Mo. 25,10). So hätte verhindert werden sollen, dass einzelne verarmen und andere zu Oligarchen werden und außerdem wäre dadurch verdeutlicht worden, dass das Land wirklich Gottes Land ist und die israeliten nur die Nutzer sind mit dem Auftrag es zu bebauen und zu bewahren. Leider gibt es keine historischen Belege, dass dies jemals tatsächlich durchgeführt worden ist. Der Einfluss des Mammon war wohl schon damals zu stark.

Auch das Verbot von einander Zinsen zu verlangen, sollte die Verarmung des Bruders verhindern (3. Mo. 25,37). Es gibt ein Gedankenexperiment von Richard Price. Er hat festgestellt, wenn Joseph zur Geburt Jesu einen Penny angelegt hätte mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 5%. Dann ergäbe das heute durch Zins und Zinseszins 150 Millionen Erden mit reinem Gold. Wenn man sich dies vergegenwärtigt, wird deutlich, dass unsere ganze Finanzwirtschaft auf einer riesigen virtuellen Blase basiert.

Selbst Wolfgang Schäuble hat neulich zugegeben, dass wir erkennen müssen, dass unsere Wirtschaft saturiert ist und die Mär vom grenzenlosen Wachstum global gesehen weder sozial gerecht, noch unbegrenzt möglich ist.

Wenn schon auf politischer Ebene die Bedeutung des Gemeinwohls erkannt wird, wie viel mehr muss es uns wichtig sein die Königsherrschaft Gottes in diese gefallene Welt hineinzubringen.

2.3. Das eigene Sterben

Hier wird mir ein weiteres Prinzip deutlich: das persönliche Einbringen ist verbunden mit dem eigenen Sterben!

Jesus sagt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh. 12, 24 Rev. Elb.)

Natürlich meint Jesus hier zunächst sich selbst: er ist das Weizenkorn, dass in die Erde fällt; er stirbt und geht in´s Grab um dann aufzuerstehen und um ein Vielfaches an Frucht zu bringen: millionenfaches neues Leben, wozu auch wir gehören. Aber der Text geht noch weiter und da wird deutlich, dass auch wir damit gemeint sind.

Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren.“ (Joh. 12, 25 Rev. Elb.)

Das Ablehnen mancher eigenen Wünsche und Ziele, solange bis die Wünsche und Ziele Christi zu meinen eigenen geworden sind, ist ein wesentliches Prinzip des Lebens als Christ.

Wer war schon einmal in Jerusalem? Ich sage, wir waren alle schon mal in Jerusalem! Nur ist das schon ziemlich lange her, an die 2000 Jahre, da erinnert sich vielleicht nicht mehr jeder daran.

Denn es heißt: „ich bin mit Christus gekreuzigt“ (Gal. 2,20a Rev. Elb.)

Und beim besten Willen, wenn ich mit Jesus Christus gekreuzigt bin, wenn ich da auch mit am Kreuz hing auf Golgatha, dann muss ich ja auch schon mal dort gewesen sein, oder? Jedes Kind Gottes war damals in der Mitte der dreißiger Jahre des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung mit in Jerusalem und hing da mit Jesus am Kreuz.

Nehmt das jetzt symbolisch, allegorisch oder wie auch immer. Paulus sagt: wir hingen da mit dran. Mitgefangen, mitgehangen!

Ich finde dieses Bild sehr hilfreich - denn, wenn man sich vorstellt, dass man da irgendwie in Jesus Christus drin war, dass Jesus als er meine Schuld getilgt hat, mich auch irgendwie da mit genommen hat - dann kann man sich vielleicht auch leichter vorstellen, wie dieses stellvertretende Opfer Jesu mich mit einschließt.

und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20b Rev. Elb.)

schreibt Paulus dann weiter.

Und obwohl dies so ist, obwohl unser alter Mensch mit der Taufe in den Tod begraben wurden (Röm. 6,4), obwohl Christus in mir lebt, sind wir doch einen Kampf ausgesetzt, der unser ganzes Leben anhält: das tägliche Sterben!

Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf täglich und folge mir nach.“ (Lk. 9,23 Rev. Elb.)

Täglich! Obwohl wir mit Christus gekreuzigt sind, obwohl unser alter Mensch begraben ist, obwohl Jesus Christus in uns lebt, obwohl wir den Heiligen Geist haben - bleibt doch noch ein Restkampf übrig: ein tägliches Ringen mit uns selbst; weil Gott unsere Persönlichkeit nicht eliminiert hat, bleibt es uns überlassen unseren Willen immer wieder neu zu opfern und ihn hinzugeben.

Und fällt Euch auf, es heißt, dass wir unser eigenes Kreuz auf uns nehmen sollen. Nicht das des anderen und wir sollen schon gar nicht das Kreuz tragen, von dem der andere, der besorgte Bruder oder die es gut meinende Schwester meint, dass könnte zu mir ganz gut passen.

Weder Gott noch sonst jmd. legt mir ein Kreuz auf, sondern ich selbst darf mich demütigen, ich selbst darf erkennen, wo ich mich verleugnen muss. Wir dürfen unseren persönlichen Hochmut (oder was auch immer) selbst ans Kreuz bringen.


3. Hinderungsgründe

Die eigenen Gaben einbringen, zuerst an den Bau des Reiches Gottes und des Leibes Christi denken, sich selbst immer wieder hingeben. Eigeninitiative entwickeln und neues Land einnehmen, mutig neue Wege gehen (so wie wir es in dem neuen Lied singen). Die Frage ist, was hindert uns oft daran, dass wir es zwar wissen, aber nicht immer umsetzen.

Und denkt jetzt nicht, ich sehe das jetzt bloß mit der Gemeindebrille, nur im Gemeindehorizont, damit sich die aktive Mitarbeiterschaft erhöht. Nein, unser Leben ist doch viel vielfältiger, viel vielschichtiger. Unsere Gaben und Berufungen umfassen Bereiche, die gibt´s ja gar nicht in der Gemeinde. Wenn man eine Begabung hat zum Bücher schreiben oder Bilder malen, um auf diese Weise die frohe Botschaft ausdrücken zu können, dann muss man doch nicht hier die Tapeten vollkritzeln (zumal das ja gar nicht unsere sind).

Andere Begabungen hätten hier natürlich sehr wohl Raum und Platz und vielleicht ist ja bereits eine Sehnsucht vorhanden. Eine Sehnsucht von jemanden oder danach, dass jemand eigeninitiativ wird und Träume in die Wirklichkeit holt.

Von Anfang an war es ein großer Wert in der CGF, dass Eigeninitiative ihren Raum finden konnte und wertgeschätzt wurde.

Was hindert uns? Was sind Hinderungsgründe? Was blockiert uns?

3.1. Die Altersblockade

Nun, vielleicht hindert uns eine Art Altersblockade, eine Art Altersmüdigkeit. Viele sind um die 50, manche schon über 60. Vielleicht stellt sich in diesem Alter eine gewisse Gesetztheit ein. Man hat manches erreicht in seinem Leben, vieles hat man auch nicht erreicht, man denkt sich jetzt können die Jüngeren mal ran (oops, wo sind die eigentlich?), wie auch immer, man ist etwas bequem geworden, etwas gesetzt geworden. Ich denke, das kann man ganz nüchtern so feststellen, ohne dass sich jemand auf den Schlips getreten fühlen muss.

Irgendwie ist es schon paradox, wenn man kleine Kinder hat, hat man keine Zeit, weil die Familie einem fordert. Wenn man Berufseinsteiger ist, hat man keine Zeit, weil der Beruf einem fordert. Später hat man keine Zeit, weil man im Beruf Karriere machen muss und die Hypothek abbezahlen muss. Und dann wenn man endlich Zeit hätte, die Schulden getilgt, die Kinder aus dem Haus sind, fühlt man sich zu alt, so dass zwischendrin nur eine kurze Zeitspanne von vielleicht 5 Monaten bleibt, wo die Belastungen erträglich sind. Ich hab´s jetzt ein bisschen überzeichnet, aber es ist schon was Wahres dran.

Es gibt bei Gott keine Altersbegrenzung - weder nach unten, noch nach oben. Moses war 80 als er seinen Dienst begonnen hat, Abraham war uralt, David war ein Teenager, Maria war ein Teenager. Gott hat kein Mitleid mit Alter und Jugend - er beruft, wen er beruft!

Eigentlich sind die meisten von uns jetzt im besten Alter um etwas im Reich Gottes zu bewegen - ein Übermaß an Lebenserfahrung und geistlicher Reife - ja soviel Lebenserfahrung, dass es andere nur schwer ertragen können-, an Weisheit, gepaart mit (Alters-)Milde und

Barmherzigkeit, das ist doch genau das was benötigt wird.

Es gibt keine junge Generation hinter der wir uns verstecken könnten. Es gibt keine junge Generation, auf der ein ausschließlicher Ruf liegt. Derartige Prophetien sind Unsinn und nicht mit dem Wort Gottes vereinbar. Gott beruft immer Jung & Alt. Er gießt seinen Geist auf Jung & Alt (Joel 3)! Er beruft alle Generationen!

Es tut mir jetzt echt für manchen leid, aber es gibt kein Renteneintrittsalter im Reich Gottes! Die Zeit von niemanden hier im Raum ist vorbei, sie fängt höchstens gerade erst an.

3.2 Die Schwächeblockade

Es gibt noch eine weitere Blockade. Ich nenne sie jetzt mal die Schwächeblockade.

Die Jahreslosung 2012 lautet: „Jesus Christus spricht: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Kor. 12,9 L)

Wir haben uns diese Woche im Hauskreis den Vers mal in seinem größeren Zusammenhang angeschaut und da wurde uns die Herausforderung, die dieser Zuspruch für Paulus gewesen ist, erst so richtig deutlich.

Paulus berichtet davon wie er in Todesgefahr war, wie er um Christi willen mit Ruten geschlagen wurde, wie er gesteinigt wurde, wie er in Seenot war, Schiffbruch erlitten hat, durch reißende Flüsse musste, auf der Flucht vor Räubern war, Hunger und Durst hatte, Kälte und Nacktheit ertragen musste, Schlafmangel hatte, viele Mühen und Beschwerden ertragen musste und dazu noch von einen „Engel Satans“ körperlich gequält wurde (was immer man darunter auch verstehen soll). All dies hat er auf sich genommen um das Evangelium auszubreiten - und war damit wohl im Gegensatz zu den sogenannten „Super-Aposteln“, deren Leben nicht so entbehrsam war.

Und in diese Situation der Schwäche spricht Jesus jetzt quasi zu ihm: „Lass es so wie es ist. Mach weiter! Denn wenn du körperlich und seelisch und mental am Ende bist, erst dann kommt meine Kraft in Dir zur Entfaltung!“

D.h. für uns, die wir viele dieser Nöte - Gott sei Dank - nicht ertragen müssen, aber doch auch viele Mühen und Beschwerden kennen, die das Leben in einer gefallenen Welt mit sich bringt, dass wir keine eigene Stärke brauchen, denn da wo wir am Ende sind und uns trotzdem in das Reich Gottes investieren, da kommt seine Kraft erst in uns zur Entfaltung.

Es gibt bei Gott keine Altersbegrenzung und es gibt keine Schwächebegrenzung! Er beruft, wen er beruft - und wir sind alle berufen!

3.3. Die Blockade des Herzens (Liebestöter)

Aber es gibt noch eine weitere Blockade, die uns oft zu Schaffen macht und mit der wir uns oft unser ganzes Leben herumschlagen müssen. Ich nenn sie mal die Blockade des Herzens oder den „Liebestöter“.

Wir kennen alle das Gleichnis von den vier verschiedenen Ackerböden (Lk. 8, 4-15). Ein Bauer sät den Samen aus, manches fällt auf dem Weg und wird zertreten oder von den Vögeln gefressen, manches fällt auf steinigen Boden und verdorrt gleich mangels Feuchtigkeit, manches fällt unter die Dornen und wird nach einiger Zeit erstickt und manches fällt auf guten fruchtbaren Boden und bringt vielfältige Frucht.

In seiner Auslegung sagt Jesus, dass der Samen, der „unter die Dornen fiel...durch Sorgen und Reichtum und Vergnügungen des Lebens erstickt (V. 14)“ wurde.

Ein Ackerboden kann sich seine Beschaffenheit ja nicht selbst aussuchen, hier ist das Gleichnis nur beschränkt übertragbar, aber wir Menschen können die Beschaffenheit unseres Bodens, unseres Herzens beeinflussen.

Wir hatten uns im letzten Hausgottesdienst darüber ausgetauscht, was uns Lebensfreude, was uns Lebensenergie raubt. Und tatsächlich diese Sorgen, die Jesus hier anspricht - ich glaube jetzt mal nicht, dass Reichtum und Vergnügungen des Lebens für uns vorrangige Versuchungen darstellen - diese Sorgen haben die Kraft, haben die Qualität unseren Glauben zu ersticken. So wie die Dornen die aufgehende Pflanze ersticken. Sie können zu einer Blockade unseres Herzens werden. Sie können die Freude rauben, sie können die Liebe töten, die Liebe zu Jesus ersticken.

Wie gesagt, der Boden kann sich seine Konsistenz nicht aussuchen, aber wir haben eine Verantwortung für unseren Boden, für unser Herz.

Jesus sagt, nicht dass was wir essen macht uns unrein, sondern das, was aus unserem Herzen heraus kommt (Mt. 15,19). Wir sind die Pfleger unseres Herzens!

Wenn Du ein Essen kochst, bist Du verantwortlich, ob es schmeckt oder nicht. Du wählst die Zutaten aus. Du prüfst, ob sie passen. Du gibst die Zutaten in der richtigen Konsistenz un d Reihenfolge in den Kochtopf. Du überwachst den Kochvorgang.

Und wenn Du eine Pflanze ansäst, bist Du verantwortlich für ihr Gedeihen. Du prüfst, ob es der richtige Boden ist. Du sorgst für ausreichend Wasser, Licht und Nährstoffe. Du bekämpfst die Schädlinge.

Und so ist es mit unserem Herzen. Wir entscheiden, ob wir es zulassen, dass uns die Sorgen des Lebens unseren Glauben ersticken, unsere Liebe rauben, unser Engagement eliminieren oder ob wir unser Herz bewahren.

Und ich sage nicht, dass es einfach ist. Ich weiß wovon ich rede. Wenn man jahrelang immer wieder seine Sorgen bei Gott abgibt ohne dass man große Veränderungen in der Realität sieht, dann kann man schon resignieren und jegliche Lebensfreude verlieren. Und dann gelingt es mir in manchen Phasen besser und in manchen Phasen schlechter. (Das ist wohl normal, nehme ich mal an.)

Aber unser Herz ist es wert, dass wir um es kämpfen und uns um es bemühen, dass wir Bitterkeit keinen Raum geben und Sorgen immer wieder abgeben. Egal was für Nöte und Sorgen es auch sind. Jesus sagt:

Kommt her zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen.“ (Mt. 11,28 NGÜ)

Dieses Angebot gilt für alle Arten von Sorgen und Nöten.


4. Zusammenfassung

Der Bau des Reiches Gottes und der Gemeinde lebt von der Initiative des einzelnen. Dazu hat Gott uns überreich befähigt. Dazu sind wir weder zu alt, noch zu schwach. Und wir haben die allumfassende Möglichkeit, dass wir dazu auch nicht zu besorgt sein müssen, weil wir unsere Sorgen und Nöte allezeit auf Jesus Christus werfen können, denn er sorgt für uns (1. Petr. 5,7).

AMEN.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Termine und Aktuelles Februar 2012

So 05.02. 19.30 Lobpreis & Segnung (in der LKG)

So 12.02. 10.00
Gottesdienst mit anschl. Essen (in der LKG) (Predigt Norbert Wohlrab)

So 19.02. 10.30
dezentrale Hausgottesdienste

So 26.02.
10.30 Gottesdienst (in der Arche) (Predigt Karin Tschaftary)


Weitere Infos zu den Veranstaltungen auf Wunsch per Email.

LKG = Landeskirchliche Gemeinschaft in der Gebhardtstraße 19
Arche = Christlicher Kindergarten Arche in der Theaterstraße 50