Dienstag, 31. Januar 2017

Predigt von Norbert Wohlrab zur Jahreslosung 2017 (22.01.2017)

Jahreslosung 2017

Traditionsgemäß werde ich zum Jahresanfang über die Jahreslosung predigen. Sie lautet: 


„Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ (Hes. 36,26) 

 
Betrachten wir den Vers zunächst einmal in seinem Zusammenhang.
 

24 „Und ich werde euch aus den Nationen holen und euch aus allen Ländern sammeln und euch in euer Land bringen.
25 Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von all euren Unreinheiten und von all euren Götzen werde ich euch reinigen.
26 Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.
27 Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.
28 Und ihr werdet in dem Land wohnen, dass ich euren Vätern gegeben habe, und ihr werdet mir zum Volk, und ich, ich werde euch zum Gott sein.
29 Und ich werde euch befreien von all euren Unreinheiten.“ (Hes.36, 24-29a Rev. Elb.)
 


Wir haben es hier mit prophetischen Aussagen des Hesekiel zu tun. Und wie so oft im AT, sind die Prophetien mehrschichtig, d.h. sie sind auf mehrere Zeitebenen in der Zukunft bezogen.

Was war die Situation? Israel hat - wie so oft in seiner Geschichte - die Wege des Herrn verlassen. Es hat nicht mehr nach seinen Geboten gelebt, hat fremde Götter angebetet, hat Menschenopfer gebracht, den Tempel entweiht und andere Verbrechen getan, wie soziale Unterdrückung, Raub, Inzest usw. Es hat nicht auf die Warnungen und Aufrufe zur Umkehr durch die Propheten gehört. Daher wurde Israel 597 v. Chr. von den Babyloniern erobert. Zunächst wurde König Jojachin und die führende Elite nach Babylon verschleppt - unter ihnen auch der Prophet Hefekiel - und eine Marionettenregierung in Jerusalem eingesetzt. Als diese dann zehn Jahre später gegen Babylon aufbegehrte, wurde Jerusalem zerstört und das Volk Israel 586 v. Chr. in die Gefangenschaft nach Babylon deportiert.

Hesekiel war der Prophet im Exil. Dort im Exil verkündete er dem Volk die Hoffnungsbotschaft, dass sie in die Heimat zurückkehren werden. Und tatsächlich als im Jahre 539 v. Chr. Babylon von den Persern unter Kyros II. erobert wird, können sie in die Heimat zurückkehren und unter Nehemia und Serubbabel wird Jerusalem neu aufgebaut. Nachzulesen in den Büchern Esra und Nehemia.

Dort erfüllt sich der erste Teil der Verheißung. Das Volk Israel kehrt zurück in sein Land. Später wiederholt sich die Geschichte. Jerusalem wird unter den Römern erneut zerstört und das Volk wieder zerstreut um dann im Jahr 1948 wieder in seine Heimat zurückzukehren. Und die Verheißung aus Hesekiel erfüllt sich ein zweites Mal.

Soweit die geographische Wiederherstellung.

Es gibt eine Geschichte von Friedrich dem Großen, der einmal seinen Leibarzt sarkastisch gefragt haben soll: „Nenn´ er mir einen Gottesbeweis, wenn er kann!“ Der soll eine kurze Antwort gegeben haben: „Die Juden - Majestät.“

Wie viele Völker gibt es, die komplett vernichtet wurden? Denken wir nur an die Indianer und Indios in Amerika oder an die Armenier, von denen nur noch wenige übrig sind oder an zahlreiche Stämme in Afrika, die ausradiert wurden.
Wie viele gibt es, die seit Jahrhunderten kein eigens Land haben, wie bspw. die Kurden, eines der ältesten Völker der Welt?
Das Volk Israel dagegen hat nach mehreren Exilen, nach Jahrhunderten der Zerstreuung in alle Welt, nach der Massenvernichtung im Holocaust, nach zahlreichen Angriffen von seinen arabischen Nachbarn usw. immer noch bzw. wieder seinen Platz auf der Landkarte und es wächst und gedeiht.

Aber das Volk Israel soll ja auch innerlich erneuert werden. 
Zunächst spricht Hesekiel von der Reinigung mit Wasser. Dies ist ein Bild, dass den kultischen Vorgaben des AT entspricht. Die Hohepriester, die ja als einziges Zugang zum Allerheiligsten im Tempel hatten, mussten sich zunächst rituell reinigen um Gott begegnen zu können.

„Wenn sie in das Zelt der Begegnung hineingehen, sollen sie sich mit Wasser waschen, damit sie nicht sterben. Oder wenn sie an den Altar herantreten zum Dienst, um für den Herrn ein Feueropfer als Rauch aufsteigen zu lassen, dann sollen sie ihre Hände und ihre Füße waschen, damit sie nicht sterben. Und das soll für sie eine ewige Ordnung sein.“ (2. Mose 30, 20.21a Rev. Elb.)
 

Der Mensch ist unrein und kann Gott ohne (diese wohl symbolische) Reinigung von seiner Unreinheit nicht begegnen. Aber hier ist es Gott, der die Reinigung vollzieht und nicht der Mensch. Das ist jetzt das völlig Neue. Keine Rituale, keine Gesetze, keine Selbsterlösung. Gott allein reinigt und rettet. Christus allein. Solos Christus. Allein aus Gnade. Sola Gratia. Das passt zum Reformationsjubiläum.

„so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in voller Gewissheit des Glaubens, die Herzen besprengt und damit gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser.“ (Hebr. 10,22 Rev. Elb.)

Aber es geht noch weiter. Gott schenkt nicht nur die Reinigung. Das wäre ja zum Zwecke der Erlösung schon völlig ausreichend. Er setzt noch einen drauf und schenkt noch eine Herztransplantation.

„Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.“ (V. 26)

Das Herz des Menschen, im biblischen Sinne der Sitz des Lebens, des Wesens, des Charakters, das Zentrum des Denkens, Wollens und Fühlens ist schlecht.

„Denn aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken: Mord, Ehebruch, Unzucht, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen“ (Mt. 15,19 Rev. Elb.)

So schaut´s aus. Das ist die göttliche Einschätzung des menschlichen Wesens.
Hier hilft keine Maniküre, keine äußerliche Reinigung, kein Hände und Füße waschen, keine neue Frisur, kein neuer Anzug. Hier hilft kein neuer Job und kein neues Auto. Und auch keine neue Frau und kein neuer Mann. Auch keine neue Religion und kein neuer Meditationsweg. Auch kein Jakobsweg und keine andere Ernährung. Keine noch so guten Vorsätze. Nicht einmal ein Präsidentenamt. Nichts, was der Mensch irgendwie tun könnte, würde an seinem Grundwesen etwas ändern.

„denn das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an“ (1. Mose 8,21b Rev. Elb.)

Es langt also nicht aus die Herzenshaltung zu ändern. Zuerst bedarf es eines neuen Herzens. Die Prophetie des Hesekiel verbindet dies mit einem neuen Geist. Ein neues Herz und ein neuer Geist.

Die Erfüllung dieser Verheißung begann für Israel und für alle Menschen am ersten Pfingsten. Durch die Hinwendung zu Christus und den Empfang des Heiligen Geistes vollzog sich diese Herztransplantation.

„Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen, die in der Ferne sind, so viele der Herr, unser Gott, berufen wird.“ (Apg. 2, 38.39 Rev. Elb.)
 

Tut Buße. Also stimmt mit Gott überein, dass Ihr Sünder seid und Euch nicht selbst erlösen könnt. Lasst Euch taufen auf den Namen Jesu. Drückt dadurch aus, dass Ihr Euer Vertrauen auf Erlösung einzig und allein auf Jesus Christus setzt. Solus Christus. Und dann empfangt den Heiligen Geist. Und dies ist die Verheißung, die an verschiedenen Stellen im AT angekündigt wurde. Hesekiel, Joel, Jeremia etc.

Und dieser Geist ist es, der in uns die Umgestaltung unseres Wesens bewirkt. Der - bildlich gesprochen - das steinerne Herz entfernt und ein fleischernes einsetzt. Der uns den Wunsch und den Willen gibt jesusgemäß zu leben. Diese Veränderung ist so gewaltig, dass die Bibel von einer neuen Schöpfung, einer neuen Kreatur, einem neuen Menschen spricht. (2. Kor. 5,17)

„Sondern das ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde, spricht der Herr: ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben. Und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Dann wird nicht mehr einer seinen Nächsten oder seinen Bruder lehren und sagen: Erkennt den Herrn! Denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht der Herr. Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken.“ (Jer. 31, 33.34 Rev. Elb.)

Für das Volk Israel ist diese Verheißung erst punktuell erfüllt, da sie Jesus als Messias ja abgelehnt haben. Nur die an Christus glaubenden Juden erleben sie schon. Aber wir sind schon mittendrin.

„denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der gegeben worden ist.“ (Röm. 5,5b Rev. Elb.)

Wir sind nun in der komfortablen Situation, dass wir durch den in uns wohnenden Geist eine Verbindung zum Vater haben, dass wir Gott erkennen, mehr und mehr erkennen und dadurch seinen Willen teilen.

Nicht wie Marionetten, sondern wie Prinzen und Prinzessinnen. Wir tragen seine DNA in uns. Und jetzt geschieht das Erstaunliche: wir brauchen seine Gebote eigentlich gar nicht mehr.

„indem er dies weiß, dass für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist, sondern für Gesetzlose und Widerspenstige, für Gottlose und Sünder, für Heillose und Unheilige, Vatermörder und Muttermörder, Mörder, Unzüchtige, Knabenschänder, Menschenräuber, Lügner, Meineidige…“ (1. Tim. 1, 8b-10 Rev. Elb.)

Diejenigen, die Gott nicht kennen, brauchen das Gesetz, damit sie eine moralisch-ethisch-soziale Orientierung haben, diejenigen, die den Heiligen Geist in ihrem Herzen haben, leben gemäß der DNA Gottes. Wenn Du ein Elektroauto hast, dann brauchst Du kein Benzin mehr.

Natürlich sind das alles Wachstumsprozesse. Die Früchte des Geistes, die Früchte der Liebe wachsen in uns. Und wenn jmd. frisch dabei ist sein Leben mit Jesus zu leben, ist es hilfreich eine ethisch-moralische Instanz außerhalb von sich selbst zu haben, an der man sich orientieren kann. Das sagt Paulus auch vorher:

„Das Gesetz ist, wie wir alles wissen, gut und nützlich – vorausgesetzt, man wendet es in der ihm angemessenen Weise an.“ (1. Tim. 1,8 NGÜ)
 

Also nicht als Heilsweg, sondern als Hilfestellung, als Orientierungshilfe auf dem Weg der Liebe. Denn wir wissen, wie es Luther so schön ausdrückte (wenn auch theologisch nicht korrekt, weil es eigentlich um das schwache Fleisch geht und nicht um den alten Adam, da dieser ja mit Jesus gekreuzigt wurde):

„Der alte Adam in uns soll ersäuft werden. Nimm dich aber in acht, das Aas kann schwimmen!“ (Luther)
 

Wir haben ein neues Herz. Ein Herz der Liebe. Einen neuen Geist. Den Heiligen Geist. Ohne dies alles wäre es für uns sehr schwierig einander zu lieben, den Nächsten zu lieben, Gott zu lieben. So ist es uns möglich.

Das befreit uns nicht davor auf unser Herz zu achten. Manchmal ziehen dunkle Wolken darüber. Manchmal wird uns Gift injiziert. Manchmal injizieren wir es sogar selbst.

Daher benötigen wir manchmal Seelsorge und Gebet, manchmal innere Heilung und Befreiung, manchmal Ermutigung, manchmal brauchen wir einfach nur einander. Wäre dies nicht so, wäre das NT nicht voll von Ratschlägen und Hilfestellungen:

Ermahnt einander, ermutigt einander, tröstet einander, tragt einander die Lasten, lacht miteinander, weint miteinander.

„Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden-„ (2. Kor. 5,17 Rev. Elb.)

Wenn wir zu Christus gehören, sind wir neue Menschen, haben ein neues Herz, haben seinen Geist. Dies sind Gottes Zusagen. Dies gilt auch, wenn es im Alltag einmal anders aussieht. Dann gilt:

„dass, wenn das Herz uns verurteilt, Gott größer ist als unser Herz und alles kennt.“ (1. Joh. 3,20 Rev. Elb.)

AMEN.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen