Freitag, 8. Oktober 2010

Freundesbrief von Sabine Auerochs

Straßenkinderprojekt Sibirien

Liebe Freunde,

die diesjährigen drei Monate meines Aufenthalts in Sibirien sind wie im Flug vergangen und ich habe, wie
Ihr Euch sicherlich vorstellen könnt, wieder viel erlebt.

Während der ersten drei Wochen in Nowokusnezk habe ich vor Ort herausgefunden, dass medizinische Hilfe für Straßenkinder und Kinder, die aus sehr armen dörflichen Verhältnissen kommen, sehr schwierig zu organisieren ist. Dies hat verschiedene Gründe. Die Kinderärztinnen, die ich in der christlichen Gemeinde vor Ort kennen gelernt habe und die grundsätzlich meiner Idee sehr positiv gegenüberstehen, sind einerseits in ihrer Arbeit
sehr eingespannt und sehen andererseits große bürokratische Hürden um solch mildtätige Hilfe durchführen zu können. Der Aufwand, diese Hilfe bei den zuständigen Ämter
n registrieren zu lassen ist sehr groß, und die Erfolgsaussichten auf Erteilung einer Genehmigung sehr gering. Nötig wäre eine solche Hilfe auf jeden Fall, da es sehr viele entlegene Dörfer mit armen
kinderreichen Familien gibt, die medizinisch nicht ausreichend versorgt sind. Dieser Missstand hat mich sehr beschäftigt, und ich wünsche mir sehr, dass hier Hilfe (auf welchem Wege auch immer) für diese Menschen angeboten werden kann.


Viele christliche Gemeinden in Sibirien haben im Laufe der Jahre Drogen- undAlkoholrehabilitationszentren aufgebaut. So auch die Gemeinde in Nowokusnezk. Das von Ihnen durchgeführte Therapiekonzept ist allerdings anders als das von anderen Zentren und hat mit sehr beeindruckt. Es liegt in der Nähe des Dorfes Kaltan auf einem riesigen Gelände mit mehreren Häusern und einer Fabrik, in der Pelmeni (Maultaschen) und Blinschiki (Pfannkuchen) herstellt werden. Zurzeit leben dort circa 100 Männer und 20 Frauen. Die Entgiftung dauert drei Monate dauert, und im Anschluss folgt für neun Monate das Rehaprogramm, während dessen sie ihren Lebensunterhalt verdienen können. So können die Männer in einer kleinen Holz- und Metallverarbeitung mitarbeiten, in der Fabrik tätig sein, und für die Frauen gibt es eine Schneiderei und die Möglichkeit zur Schmuckherstellung. Viele Ehemalige bleiben nach dem Programm noch für weitere 1-2 Jahre um die Neuen anzuleiten.

In einem der Häuser gibt ein Gästezimmer, in dem ich drei Mal für eine Woche gewohnt habe und so miterleben konnte, dass das von ihnen durchgeführte Konzept sehr effektiv ist. Hier war auch die Ausgangstation für meine Besuche in die umliegenden Dörfer. Zusammen mit einer Krankenschwester, einem Übersetzer und der Pastorenfrau der Dorfgemeinde
sind wir von Haus zu Haus gegangen, haben kinderärztliche Konsultationen angeboten und in die Gemeinde eingeladen. Wir hatten einige interessante Begegnungen und ich konnte ein paar Müttern und Großmüttern mit Ratschlägen weiterhelfen. Es hat sich herausgestellt, dass sich die Ärzte weni Zeit nehmen ihre Patienten gut aufzuklären. Ein Grund ist, dass Ihre Arbeit sehr schlecht bezahlt ist. So war ich doch noch medizinisch tätig.

Anfang Juli bin ich nach Krasnojarsk gefahren und habe an den Kinder- und Teenie-Camps teilgenommen. Diesmal war es 20 Kindern und 29 Teenies möglich, an den Camps teilzunehmen, - auch dank Euerer finanziellen Unterstützung, da sich sonst die meisten die Teilnahme nicht hätten leisten können. Vielen Dank für Eure Spenden !!!

Beim Kindercamp mit Kindern zwischen 7-11 Jahren die meist aus ärmlichen Verhältnissen kommen, hatten wir wieder viel Spaß. So waren Geländespiele, das Aufführen von selbst ausgedachten Sketchen und das gemeinsame Singen und hören von Gott am Abend die Höhepunkte der gemeinsamen Zeit. So ist Dasha, ein 7 jähriges Mädchen das bei ihrer Großmutter wohnt, dessen Eltern drogenabhängig sind,und sie eine schwierige Kindheit hat, während der 9 Tage mehr und mehr aus sich herausgegangen. Mein Herz ist aufgegangen wenn sie mich mit ihren großen braunen Augen angeschaut hat.

Das Teenie-Camp fand am gleichen wunderschönen Ort statt wie letztes Jahr. Es war noch etwas professioneller als letztes Jahr, weil am Gelände ein Hochseilgarten gebaut wurde. Das war sehr herausfordernd für die Teenies, hat ihnen aber auch Spaß gemacht. Die Höhlenexkursionen waren zum Teil körperlich sehr anstrengend und wieder sehr abenteuerlich - aber die Kids waren immer mit großer Begeisterung dabei. Ich war jedenfalls stolz darauf, dass ich mit den 13- 17- jährigen mithalten konnte. Insgesamt war das Camp wieder eine ganz besondere Erfahrung für alle, die dabei waren.

Wie Ihr Euch bestimmt noch aus meinen letzten Rundbriefen erinnert, gibt es in Prokopjewsk eine Familie, die zusätzlich zu ihren beiden eigenen Kindern noch sieben ehemali
ge Straßenkinder aufgenommen hat. Sie haben jetzt sogar acht angenommene Kinder und drei davon sind HIV positiv. Ein Junge wurde mit 4 Jahren völlig allein auf einem Müllberg gefunden. Er lebt jetzt ein Jahr mit Rita und Maxim und es ist sehr berührend zu sehen, was für ein fröhlicher Junge aus ihm geworden ist. Leider musste die Familie nun aus dem Häuschen ausziehen, in dem sie bisher zur Miete gewohnt hatte und lebt im Moment zu zehnt in einer 2-Zimmer Wohnung. Die gute Nachricht allerdings ist, dass es ihnen möglich ist, für wenig Geld eine alte Schule außerhalb der Stadt zu kaufen, die sie renovieren und dort mit anderen Familien leben wollen, die wie sie Not leidende Kinder aufgenommen haben. Ich habe das Haus gesehen und wenn auch noch viel Arbeit und Geld nötig ist, um es richtig bewohnbar zu machen, kann man sich jetzt schon vorstellen, wie es aussehen wird - es eignet sich wirklich sehr gut für dieses
Vorhaben. Diese Familie hat mich genau wie im letzten Jahr auch diesmal w
ieder sehr begeistert und sie ist unsere Unterstützung wert, besonders für das anstehende "Großprojekt".

Ich hoffe, Ihr könnt Euch jetzt ein wenig vorstellen, wie ich im Wesentlichen die drei Monate verbracht habe. Zusammen mit dem Pastorenehepaar in Nowokusnezk haben wir überlegt, welche Möglichkeiten es für nächstes Jahr gäbe. So hatte Pastor Ilya die Idee, in Dörfern in der Nähe vom Baikalsee medizinische Beratung und Hilfe anzubieten, in denen sehr viele Kinder
leben. In den nächsten Monaten werden wir darüber nachdenken, ob diese Idee in die Praxis umgesetzt werden kann. Natürlich werde ich Euch über die Entwicklungen und Planungen auf dem Laufenden halten.

Eure Sabine

Kontakt: Sabine Auerochs, Roonstraße 13, 90429 Nürnberg, Tel. 0911/2401828

Spendenkonto: Nehemia Team e.V., Sparkasse Fürth, BLZ 762 500 00, Kto-Nr. 380 072 918, Verwendungszweck: Kinder/Sibirien

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