Berufung trotz Alter
1. Einleitung
Ich möchte heute da weiter machen, wo ich vor zwei Wochen aufgehört habe. Ihr erinnert Euch sicherlich, wir haben uns gemeinsam die Jahreslosung angeschaut:
„Ich aber - Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ (Ps. 73.28 EÜ)
Wir haben die Überlegungen und den Erkenntnisprozess des Psalmisten Asaph verfolgt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht nur ihm, sondern auch uns gut tut, wenn wir der Nähe Gottes Raum geben in unserem Leben.
Bspw. beim Beten, Stillsein, Bibel lesen, Abendmahl, Gemeinschaft, Gutes tun und sich Gutes tun lassen, soaken, erfüllt werden mit Heiligen Geist usw. Und mein Schlussgebet, mein Auftrag und Wunsch für mich und für uns alle war, dass es uns in diesem Jahr ganz besonders gelingt - trotz der vielen Herausforderungen und v.a. auch Ablenkungen des Alltags - dass wir, uns immer wieder neu in die Nähe Gottes zu begeben.
Mehr zur Jahreslosung kann man in der letzten Predigt nachlesen.
Viele von uns sind ja jetzt so um die fünfzig und da ist die Frage schon mal erlaubt: Wer denkt schon manchmal ans Rentenalter? Wer wünscht es sich denn manchmal herbei?
Das ist ja so eine paradoxe Sache mit dem ersehnten Ruhestand. Die meisten von uns haben jetzt schon deutlich die Halbzeit der Berufstätigkeit überschritten und manchmal stöhnen wir schon unter der beruflichen Belastung und sehnen uns nach Ruhe. Danach endlich selbst über die eigene Zeit zu bestimmen.
Paradoxerweise ist es aber so, dass eigentlich jeder alt werden will, aber niemand alt sein will. D.h. keiner weiß ja, ob er später noch so gesund und fit ist, dass er auch noch was vom Rentnerdasein hat. Wir alle haben schon tragische Geschichten gehört von Menschen, die nur wenige Tage nach Eintritt in den Ruhestand verunfallt oder verstorben sind.
Bei solchen Gedanken wird einem das eigentliche Alter deutlich und dann fragt man sich, zumindest ich frage mich, habe ich mit meinem Leben schon das erreicht, schon das umgesetzt und verwirklicht, was Gott für mich vorgesehen hat oder gibt es vielleicht noch Bereiche und Herausforderungen, die ich noch nicht angegangen bin, die ich noch völlig übersehen habe oder vor denen ich mich gedrückt habe.
Oder anderes ausgedrückt: Was entsteht in uns und aus uns aus diesem Sein in der Nähe Gottes, wie es der Psalmist beschrieb? Dreh ich mich da nur wieder um mich selbst - alles hat zu seiner Zeit seine Berechtigung - oder entsteht aus der Gegenwart Gottes eine neue geistliche Kreativität, eine Freisetzung von neuem geistlichen Potenzial, ein neuer Startschuss ins Reich Gottes hinein mit vielleicht völlig neu und anders gelagerten Berufungen, als wir sie bisher gewohnt waren?
Ich glaube, so lange wir noch nicht senil oder dement sind, hat Gott noch viele Projekte, Aufträge und geistliche Dimensionen für uns, in die es einzutreten gilt.
Wie finden wir heraus, was Gott mit uns noch vor hat?
Ich denke hier gibt es zwei Antworten:
Antwort A: Wie im Psalm beschrieben: nur aus der Nähe Gottes heraus, aus dem Heiligtum entsteht eine neue geistliche Dynamik. Da braucht man nicht viel darüber reden. Ohne diese Nähe gewinnen meine eigenen Gedanken die Oberhand und es entsteht oft nur Holz, Heu und Stroh, anstatt Gold, Silber, Edelsteine (1. Kor. 3,12). Ich denke diese Erfahrungen haben wir alle schon mal gemacht. Wir meinten etwas gut, aber es war nicht geistgewirkt, nicht von Gott geboren.
Antwort B: Was sind die verborgenen Träume und Visionen meines Herzens, die ich im Lauf der Jahre verschüttet habe? Dinge, die mir Gott im Laufe meines Christseins auf´s Herz gelegt hat, aber nie Wirklichkeit geworden sind. Darüber möchte ich jetzt mit Euch reden, bevor wir uns später eine Zeit nehmen um auf das Reden Gottes zu hören.
2. Unser Herz
Das Alter war - zumindest zur Zeit der Patriarchen - keine Einschränkung für Gottes Berufung. Abraham war ein alter Mann, Mose wurde mit 80 berufen. Es geht eher um geistliche Fitness und nicht um physisches Alter. Entscheidend war für Gott immer das Herz.
Im Hauskreis lesen wir gerade den Römerbrief und da wurde uns diese Woche besonders ein Vers wichtig:
„Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung; sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht im Buchstaben.“ (Röm. 2, 28.29a Rev. Elb.)
Paulus schreibt hier von der Beschneidung des Herzens durch den Heiligen Geist. Er meint damit eine ganzheitliche Hinwendung zu Gott, die bei der Bekehrung seinen Anfang nimmt und ein Leben lang andauert.
Unser Herz ist beschnitten worden durch den Heiligen Geist. Es ist nicht mehr vergleichbar mit dem bösen Herzen, aus dem die schlechten Dinge hervorgehen, von denen wir in verschiedenen Aufzählungen in der Bibel lesen (1. Mo. 8,21; Mt. 15,19). Wenn gleich wir - solange wir Menschen sind - natürlich immer noch zu allem fähig sind. Aber vom Grundsatz her ist unser Herz ein neues Herz, ein verändertes, gereinigtes Herz, dass Gott in uns hineingegeben hat.
Denn Hesekiel hat vorausgesagt:
„Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebet und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.“ (Hes. 36, 26.27 Rev. Elb)
Ein neues Herz hat Gott in uns hineingegeben. Und wenn Gott uns ein neues Herz gibt, dann ist dies logischerweise ein gutes Herz. Ein guter Baum bringt gute Früchte hervor. Gott kann keine schlechten Früchte hervorbringen, das ist unmöglich. Also haben wir ein neues, ein gutes Herz bekommen, als wir Jesus unser Leben gegeben haben.
„Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung: das Alte ist vergangen, siehe, Neues, ist geworden.“ (2. Kor. 5,17 Rev. Elb.)
Und aus dieser neuen Schöpfung, aus diesem neuen Menschen, aus diesem neuen und beschnittenen Herzen, kommen viele Ideen, Visionen und Träume, die von Gott initiiert worden.
3. Die Träume des Herzens
Erinnerst Ihr Euch noch an so manche Träume Eures Herzens? Dinge, die Ihr bewegt habt, die Euch eine Not, ein Anliegen waren. Ich meine jetzt nicht den Traum von einem Porsche oder der Ferienwohnung in Spanien. Es gibt ja manchmal Christen, die dazu tendieren zu denken, dass Gott nur für sie da ist.
Mir geht es jetzt um deine Träume für das Reich Gottes. Erinnerst Ihr Euch noch an Eure Visionen über Euren Platz im Reich Gottes? Lebt Ihr sie oder sind sie schon so weit weg, dass sie schon Geschichte sind – nicht gelebte Geschichte, das ist die traurigste Form der Geschichtsschreibung, die Geschichte der ungelebten Berufungen. „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ Sicher es waren auch manche Luftschlösser dabei, von denen es besser war, dass sie nicht verwirklicht worden sind. Aber manche Träume und Visionen, die in unserem Herzen entstanden sind, haben wir nie weiter entwickelt, nie weiter „gesponnen“, nie umgesetzt.
Vielleicht haben wir gedacht, wir sind nicht begabt genug? Vielleicht hatten wir nie jmd., der uns ermutigt hat, der uns herausgefordert oder angestupst hat?
Oder wurden sie uns vielleicht sogar ausgeredet, ausgetrieben von Entmutigern? Heute morgen ist der Zeitpunkt um sie wieder neu auszugraben, sie wieder neu Gott hinzugeben, sich neu von Gott dafür entzünden zu lassen. Heute ist der Tag neu Träume festzumachen!
Manche Visionen und Träume wurden ausgebremst, weil man sich nicht getraut hat oder entmutigt wurde. Vielleicht war da mal ein Traum für ein Kinderprojekt in der Nachbarschaft oder in der Südstadt oder in Rumänien oder - ganz exotisch - vielleicht sogar für ein Projekt in der Gemeinde (früher als wir noch mehr waren). Oder für einen Alpha-Kurs unter Arbeitskollegen. Oder Du fühlst den Drang zum Predigen und hast Dich nie getraut, weil Dir niemand gesagt hat, dass Du es mal probieren sollst. Oder vielleicht hast Du es nur 1 x probiert und Dir dann gedacht, dass war so grottenschlecht, dass mach ich nie wieder, weil Dir niemand gesagt hat, dass es gut war und Du wieder predigen sollst.
Oder Du wolltest in die Mission gehen oder Du hattest ein evangelistisches Projekt am Herzen oder wolltest Dich mehr um die Jugendlichen in Deiner Nachbarschaft kümmern oder wolltest mehr Menschen in Not helfen und ein soziales Projekt starten oder oder oder.....Egal was es war, Du wurdest immer irgendwie ausgebremst und Du bist in den Startlöchern steckengeblieben.
Vielleicht hast Du auch gedacht, Du bist nicht begabt genug. AMEN. Sind wir alle. Oder noch zu sündig. AMEN. Sind wir alle. Oder zu unerfahren. AMEN. Sind wir alle. Und ich sage Dir dann bist Du genau richtig.
„Denn seht, eure Berufung, Brüder, dass es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache. Und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt, das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichte mache, dass sich vor Gott kein Fleisch rühme.“ (1. Kor. 1, 26 – 29 Rev. Elb.)
Also wenn wir uns so fühlen, zu schwach und zu dumm und zu jung und zu alt und..., dann sind wir genau richtig. Denn so kann Gott uns gebrauchen. Andersrum wird´s schwieriger. Wenn wir uns stark fühlen und denken, dass wir Gott gar nicht brauchen. dann müssen wir erst einmal auf die Schnauze fallen.
Und warum ist das so? Ich hab´s schon gesagt: weil Gott auf unser Herz schaut. Gott spricht zu Samuel:
„Sieh nicht auf sein Aussehen und auf seinen hohen Wuchs! Denn ich habe ihn verworfen. Denn der Herr sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Denn der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, aber der Herr sieht auf das Herz.“ (1. Sam. 16,7)
Es spielt keine Rolle vor Gott, ob man schön und stark und erfolgreich und tough oder sonst was ist. Er schaut nur auf das, was in unserem Herzen brennt.
Wir haben hier ein wunderbares Klima der Ermutigung in der CGF. Jeder soll in seine Berufungen hineinfinden, sie ausprobieren und leben, im Beruf, in der Nachbarschaft, auf der Straße oder sonst wo. Lass Dich vom Geist Gottes leiten. Du bist frei. Frei auch zum Fehler machen und auch zum Scheitern.
Sicher nicht jeder Gedanke kommt von Gott, manches erkennt man aber erst, wenn man es ausprobiert. Manchmal ist auch nur der Weg oder das Timing falsch.
Manchmal meint man etwas alleine starten zu müssen und übersieht, dass es noch andere mit derselben Vision gibt. Und manchmal hat man einfach nur einen falschen Zeitplan im Kopf.
David wurde zum König gesalbt. Aber seine Ideen für seine Königsherrschaft konnte er nicht gleich umsetzen. Er musste noch Jahre warten, Jahre voller Kampf, Entbehrungen und Verstecken. Seine Berufung ließ sich nicht so „en passant“ (nebenbei, beiläufig) umsetzen.
Und wie war es bei Mose? Moses Herz brannte für sein Volk. Er sagte zu sich: Ich kann das Unrecht und Leid nicht länger ertragen. Ich kann nicht länger zusehen. Und was macht er? Er erschlägt im Übereifer einen Ägypter. So was tut man nicht.
40 Jahre später begegnet ihn Gott und sagt: Ich kann das Unrecht und Leid nicht länger ertragen. Ich kann nicht länger zusehen. Gott und Mose brennt die selbe Not im Herzen. Sie haben dieselbe Vision: Befreiung für Israel. Das Herz des Mose und das Herz Gottes kommen zusammen. Nur das Timing ist ein anderes.
Andererseits gibt es auch Visionen, die man nicht erst 40 Jahre auf die lange Bank schieben darf. Es geht weder darum sofort loszustolpern, bevor Gott zu Ende geredet hat, noch darum Dinge immer wieder aufzuschieben. Es gibt kein allgemeingültiges Konzept, wann es dran ist eine Vision praktisch umzusetzen. Das richtige Timing erkennt man nur in der Nähe Gottes. Im Hören auf ihn, im immer wieder neu auf ihn ausrichten. Aber wenn man im Herzen sicher ist, dann gilt es damit anzufangen.
Visionen setzen sich nicht von selbst um. „Gott hat uns eine Vision gegeben, und er wird sich schon um den Rest kümmern. Wenn Gott spricht, dann kümmert er sich selber darum!“ Diese Haltung finden wir eher selten in der Bibel. In Ausnahmefällen stimmt dies, aber nicht in der Regel. Sieh auf die Kämpfe von Mose, von David, von Josua usw., ja auch von Jesus. Auch Jesus musste kämpfen (siehe Gethsemane) und seinen Weg aktiv beschreiten.
Ein Bauer hatte einen schönen Garten. Ein Pfarrer kam vorbei und sagte zu ihm: „Weißt du auch, dass dein schöner Garten Gottes Garten ist?“ Der kluge Bauer antwortete: „Sie sollten den Garten mal sehen, wenn er nur Gottes Garten wäre!“
Die richtige Einstellung lautet: „Gott, wenn du mir eine Vision gibst, kannst du mit mir rechnen. Ich werde mein Möglichstes tun, um ihr den nötigen Glanz zu verleihen!“
Und um aus einer Wildnis einen schönen Garten zu machen ist harte Arbeit nötig.
Jede Umsetzung einer Vision ist harte Arbeit und in der Regel mit Schwierigkeiten verbunden. Z.B. wenn wir von Problemfahndern umgeben sind. Uns brennt etwas am Herzen, wir sehen unsere Vision schon vor uns und dann kommen Leute daher und sagen bspw. „Das Auto wird nicht anspringen,“ und springt es dann an, sagen sie: „Das Auto wird nicht fahren.“ Fährt es dann, sagen sie: „Pass auf, das Auto kann jeden Augenblick stehen bleiben.“ Jede Vision gebiert Schwarzdenker und Entmutiger.
So ähnlich muss es David gegangen sein, als er eine Vision für den Kampf gegen Goliath hatte. Er kommt zum Schlachtfeld und sein Bruder sagt: „Was willst du hier, du Schafskopf. Geh heim zu den Schafen. Wir brauchen hier keinen Romantiker. Du bist nicht ausgebildet für den Krieg.“ (1. Sam 17,28). Und was macht David? Das einzig richtige:
„Und er wandte sich von ihm ab, einem andern zu“ (1. Sam. 17,30)
Unser Problem sind oft weniger Entmutiger um uns herum: wir haben seine sehr positive Atmosphäre. Sondern die Entmutiger, die Stimmen in uns drin.
Satan möchte unsere Visionen ausbremsen. Er sät Schwierigkeiten und Ablenkungen. Und er flüstert uns ein, dass wir es nicht schaffen, nicht können, dazu nicht taugen.
Und dann gibt es noch den großen Entmutiger in uns selbst, der immer wieder zögert und zweifelt und sich nichts zutraut.
Lass nicht zu, dass ein äußerer oder innerer Entmutiger Dein Potenzial bremst!
Lass nicht zu, dass ein Entmutiger etwas ausbremst, dass Gott in dich hineingelegt hat!
Es gibt keinen Sieg ohne Kampf. Kein Erreichen des Ziels ohne Hindernisse. Schwierigkeiten sind eine Verheißung. Wir können ihnen aus dem Weg gehen, ein bequemes Leben leben und an vielem vorbei leben oder uns ihnen stellen und sie mit gegenseitiger Unterstützung angehen.
4. Schluss
Gott hat und ein neues Herz gegeben. Eine neue Identität. Christus lebt in uns. Unser Herz schlägt für ihn.
Viele von uns haben spezielle Berufungen bereits erhalten, andere können sich danach noch ausstrecken. Berufungen die ganz individuell sind. Dinge, für die vielleicht ganz speziell nur Dein Herz schlägt, die nur Du bewegst und sonst gar niemand.
Wir wollen uns jetzt zum Abschluss etwas Zeit nehmen um Gott zu bitten, dass er neu zu uns spricht und Dinge, die verloren gegangen sind, neu belebt und nach oben bringt.
AMEN.
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