Den anderen höher achten!
1. Einleitung - Situation der CGF
Heute ist schon ein ganz besonderer Tag. Nicht nur, dass der Papst gerade in Deutschland ist, sonder auch dass wir - JG und CGF - hier heute zusammen Gottesdienst feiern. Abgesehen von den „Gemeinsam für die Stadt“-Gottesdiensten, die es derzeit ja leider nicht mehr gibt, gab es das wohl noch nie. Ein nahezu historischer Moment sozusagen.
Für die, die nicht so auf dem Laufenden sind über die Situation der CGF, möchte ich zu Beginn kurz ein bisschen was über unsere aktuelle Situation sagen.
Nachdem wir im Frühjahr festgestellt haben, dass wir uns unsere Räumlichkeiten nicht mehr leisten können, haben wir uns nach ein paar Monaten des Betens, Hörens und Austauschens dazu durchgerungen, dass wir sie uns auch nicht mehr leisten wollen. Wir haben dann die Räume in der Angerstraße gekündigt, sie renoviert und führen jetzt gemäß dem Vorbild und Wort Jesu „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege.“ (Mt. 8,20) ein Nomadendasein. Okay, unsere Häuser und Wohnungen haben wir erstmal behalten, aber als Gemeinde sind wir jetzt ohne eigene Räume.
Weil wir aber weiter Gottesdienst feiern wollen, haben wir jetzt ein sehr abwechslungsreiches Konzept entwickelt:
- wir sind zweimal monatlich zu Gast in der LKG in der Gebhardtstraße,
- wir feiern einmal im Monat im Kindergarten Arche um dort unsere Kontakte auszubauen und um ein Angebot für die Kindergarten-Eltern anzubieten,
- wir feiern einmal im Monat dezentral in verschiedenen Häusern, so wie es wohl auch die Urgemeinde getan hat und wo wir speziell Freunde aus unserem Wohnumfeld mit einladen wollen und
- wir wollen auch immer wieder mit anderen Gemeinden zusammen feiern. Deshalb sind wir heute auch hier bei Euch.
Ich hab vor kurzem zufällig erfahren, dass international renommierte Gemeindebauer unser Konzept ganz toll finden. Wir selbst sind da noch etwas zurückhaltender. Wir schauen einfach mal, wie das so wird und ob wir es überhaupt überleben. Vielleicht gibt es uns ja auch in ein paar Monaten nicht mehr - was wir zwar nicht hoffen, aber auch nicht ausschließen können. Soweit zu unserer Situation.
Als ich mich im Vorfeld gefragt habe, was für ein Predigtthema für diesen Tag passen könnte, kam mir ein Text aus dem Philipperbrief Kapitel 2, 1-8 (Rev. Elb.):
„Wenn es nun irgendeine Ermunterung in Christus gibt, wenn irgendeinen Trost der Liebe, wenn irgendeine Gemeinschaft des Geistes, wenn irgendein herzliches Mitleid und Erbarmen, so erfüllt meine Freude, dass ihr dieselbe Gesinnung und dieselbe Liebe habt, einmütig, eines Sinnes seid, nichts aus Eigennutz oder eitler Ruhmsucht tut, sondern dass in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst; ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern ein jeder auch auf das der anderen! Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz.“
Wenn man hier in diesem Text nach Paulus´ zentralen Anliegen sucht, dann sind es wohl v.a. zwei Aussagen, die herausstechen. Zwei Aufforderungen, zwei Wünsche, zwei Ziele.
Erstens: einmütig sein, eines Sinnes sein, eins sein und zweitens: den anderen höher achten, als sich selbst, so wie es unser Herr Jesus Christus getan hat, als er den Himmel verlassen hat um Mensch zu werden.
2. Einmütig sein
Einmütig! Im gr. steht hier „sympsychos“, was so viel bedeutet wie in der Seele mit anderen zusammengehend, zu einer Seele verbunden, zu einer Seele geworden, zu einer Seele verschmolzen.
Paulus spricht hier eine Haltung an, die - damals wie heute - leider nicht selbstverständlich unter den Christen war.
Von Anfang an, gab es Streitigkeiten unter den Christen, nicht nur in Philippi. Es wurde gegeneinander geeifert um die richtige Lehre, um das richtige Verständnis im Umgang mit dem Gesetz, mit Götzenopfern, mit Prophetie, über die Gottesdienstgestaltung, in moralischen Fragen, in diakonischen Fragen usw. Fragen und Streitigkeiten, die bis heute immer wieder zu Kirchen- und Gemeindespaltungen geführt haben und noch führen. Alle großen Kirchen und Freikirchen sind letztlich entstanden, weil es - vereinfacht gesagt - darum ging, die richtige Lehre zu retten und zu entfalten.
Aber einiges hat sich doch geändert. Wenn es vor ein paar Jahrzehnten bei Gemeindeneugründungen oder auch beim individuellen Gemeindewechsel meist noch um solche Unterschiede in Fragen der Lehre ging (bspw. in Fragen der Taufe oder der Geistestaufe), geht es heute doch eher darum, dass man einen Platz sucht an dem man seinen Glaubensstil leben und ungehindert entfalten kann, seinen Musikstil (Verzeihung: Anbetungsstil) pflegen kann oder sich einfach wohl fühlen kann, geistlich am richtigen Platz sein kann.
Und irgendwie war ja auch unsere Gemeindegeschichte, die Entstehung der JG und die Entstehung der CGF auch von solchen Beweggründen - seien es jetzt Fragen der Lehre, der Glaubenspraxis oder des Frömmigkeitsstils - mit beeinflusst.
Bei solchen Unterschiedlichkeiten, die wir erlebt haben, stellt sich die Frage: Geht das überhaupt? Kann man das überhaupt? Einmütig sein? Eine Seele sein?
Ja, es geht, weil es eben nicht darum geht, dass man immer einer Meinung in allen Fragen der Lehre und der Frömmigkeit sein muss.
Wir haben mit allen Christen nämlich eins gemeinsam, nämlich, dass wir unterschiedliche Erkenntnis haben. Und manche Erkenntnis, die wir glauben zu haben, ist nicht mal Erkenntnis. Und in dieser Unterschiedlichkeit leben wir alle und trotz dieser Unterschiede können wir einmütig sein, denn es gibt etwas was über unserer Erkenntnis steht: „die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus.“ (Eph. 3,19)
Ich bin jetzt so frei und vergewaltige den Text hier, denn Paulus meint hier eigentlich, dass die Liebe Christi größer ist, als wir überhaupt erkennen können. Trotzdem stimmt die Gesamtaussage, denn die Liebe Christi steht über aller Erkenntnis und über aller Schein-Erkenntnis. Sie steht über allen theologischen Differenzen. Sie steht über allen Glaubensprägungen.
Ist es nicht erstaunlich, dass der selbe Jesus Christus sich wohl fühlt beim Lobpreis hier im MLH, bei uralten Chorälen bei der Heilsarmee oder bei russischen humpta-humpta Balkanpop. Kaum vorstellbar.
Seine Liebe ist größer als wir überhaupt erkennen können. Und weil sie so groß ist, kann Paulus die Philipper auffordern einmütig zu sein, eine Seele zu sein. Deshalb sollen sie über unterschiedliche Meinungen (solange es keine Irrlehren sind wie die Gnosis oder der Judaismus) hinwegsehen und ihre Herzen verschmelzen.
„Herz und Herz vereint zusammen“ schrieb Nikolaus Graf von Zinzendorf in dem bekannten Lied. Eine Ökumene der Liebe war seine Hauptbotschaft „Vater mach uns eins, dass die Welt erkennt, Du hast den Sohn gesandt“, heißt es in einem anderen Lied.
Im Kindergottesdienst wurden die Kinder einmal gefragt: „Wer von Euch möchte in den Himmel kommen?“ Alle Hände gingen nach oben. Nur Jörg hat sich nicht gemeldet. Auf die Frage, ob er wohl nicht in den Himmel kommen möchte, hat er geantwortet: „Doch. Schon. Aber nicht mit diesem Haufen da!“
Einmütig sein. „Ein Herz und eine Seele sein“ ist laut meinem Sprachschlüssel die beste deutsche Übersetzung.
Und dann schreibt Paulus noch: wir sollen den anderen höher achten, als uns selbst!
Paulus dachte hier wohl an den anderen in der Gemeinde oder an die eine andere Gruppe in der Gemeinde, die eben mit einer anderen Erkenntnis.
Aber, was kann das für uns heute bedeuten? Ich geh mal weg vom ursprünglichen Text und erweitere etwas den Radius. Den Bruder und die Schwester in der Gemeinde, den Nächsten in meinem Umfeld, die andere Gemeinde in der Stadt, eine Randgruppe in der Stadt, die Stadt an sich, gemeinsam die Stadt oder sogar Gott höher achten als mich selbst?
3. Gott höher achten
Halt, stopp, also zumindest der letzte Punkt sollte doch klar sein! Natürlich achten wir Gott mehr als uns selbst. Also wenn jmd. höher ist, dann Gott. Da brauch ich mich gar nicht erst klein machen, im Vergleich zu Gott bin ich auf jeden Fall schon mal klein.
Sicher, wenn wir Christen sind, sollte für unser Leben klar sein, dass Gott an erster Stelle steht. Aber wir sind ja auch kulturelle Menschen und leben inmitten einer gottlosen Gesellschaft nach Werten und Maßstäben, die wir oft gar nicht reflektieren.
Ein Beispiel: bis in die 50er/60er-Jahre des letzten Jahrhunderts war es ganz selbstverständlich, dass der Mensch nicht nur für sich selbst lebt. Es war ganz normal, dass man sich aufgeopfert hat, dass man für andere Menschen oder höhere Ideale gelebt hat. Für die Kinder, für die Familie, für die Firma, für die Kirche, für die Gesellschaft, für den Staat usw. In dieser Zeit waren familiäre Bindungen noch sehr stark. Pflichtgefühl, Verbindlichkeit, Tradition, Selbstverleugnung waren starke Werte.
Dann ist zweierlei geschehen: die Bindungen in der Familie haben sich aufgelöst (bedingt durch bspw. veränderte Anforderungen in der Arbeitswelt wie die zunehmende Industrialisierung, Übernahme von Verantwortungen aus der Familie durch den Staat usw.), was zu einem zunehmenden Individualismus geführt hat und gleichzeitig ist ein neuer Wert, ein neues Lebensziel ist entstanden: Selbst-Verwirklichung.
Und auf einmal war Ich-Bezogenheit nichts Verwerfliches mehr, sondern es wurde ganz normal seine Bedürfnisse und Wünsche wahrzunehmen und zu verwirklichen, ja es wurde sogar für viele Lebensbereiche erwünscht.
Innerhalb dieser Parameter leben wir und innerhalb dieser Parameter interpretieren wir auch unser Christsein.
Nun ist dieser Veränderungsprozess in der Gesellschaft ja nicht per se schlecht. Schlecht wird es dort, wo „Selbstverwirklichung“ als eigenständiger Wert und als eigenständiges Lebensziel
a) frei von äußeren Leitlinien bleibt und
b) allen anderen Werten und Lebenszielen übergeordnet wird.
Nun könnte man ja meinen, dies hat mit uns Christen nicht so viel zu tun. Wir leben ja nach anderen Maßstäben. Aber interessanterweise hat man bei einer Untersuchung festgestellt, dass gerade bewusste Christen viel mehr als die Normalbevölkerung dazu neigen nach Selbstverwirklichung zu streben.
Selbstverwirklichung ist anscheinend nicht nur ein Nebenprodukt eines Lebens in der Nachfolge, etwas, das automatisch entsteht, wenn man Jesus nachfolgt, sondern ein Lebensinhalt, der bewusst verfolgt wird, ein Lebensziel, nachdem bewusst und zielgerichtet gestrebt wird.
Nicht umsonst lernen wir doch in vielen Seminaren und Büchern, dass wir über die Lebensumstände herrschen sollen, dass wir Autorität über unser Leben haben und in Anspruch nehmen sollen, dass wir den Sieg davontragen sollen, dass sich die Lebensumstände uns unterordnen sollen und nicht umgekehrt, das wir der Kopf sind und nicht der Schwanz usw.
Könnte es nicht sein, dass diese Theologie - zumindest in ihren extremen Ausprägungen - auch von unserer Kultur der Selbstverwirklichung beeinflusst ist? Nur mal so als Gedankenanstoss, ich habe noch keine Antworten, ich bin hier selbst gerade dabei, das eine oder andere zu hinterfragen und zu prüfen.
Aber auch das Suchen nach seinem Platz im Reich Gottes oder in der Gemeinde, das Finden einer - gottgegebenen - Berufung für unser Leben, das Finden, Einbringen und Entwickeln der eigenen Gaben oder wie es so schön in einem Seminar heißt, das „Dienen im Einklang von Neigungen, Stärken und Talenten“ (kurz: DIENST) kann zu einem eigenständigen Wert oder Lebensziel werden, wo es primär um mich geht, um meine Verwirklichung und nicht um Gott und den Nächsten - ohne „Eigennutz und eitle Ruhmsucht“ (Phil. 2,3). Wer von uns kann schon immer genau sagen, welche Motive uns gerade leiten und antreiben? Ich auf jeden Fall nicht.
Aber Jesus verheißt uns doch ein Leben in Fülle, ein erfülltes Leben, ein Leben in Überfluss (Joh. 10,10). Aber ist dieses Leben nicht ein christuszentriertes Leben, ein Leben von Christus her und zu ihm hin? Ein erfülltes Leben kann nämlich auch bedeuten, es als Märtyrer für ihn zu geben. Oder wie sonst passt diese Verheißung damit zusammen, dass wir täglich unser Kreuz auf uns nehmen sollen?
Versteht mich bitte nicht falsch. Ich bejahe diese Verheißung des erfüllten Lebens. Absolut! Es gibt kein erfüllteres Leben, als es ein Leben mit Jesus Christus ist. Aber die Parameter, innerhalb derer wir die Umsetzung erstreben und unsere Motive brauchen gelegentlich eine Überprüfung und vielleicht manchmal auch eine Korrektur.
Ein amerikanischer Pastor hat einmal eine Predigt angekündigt mit dem Titel „Was sagt Christus, wenn wir fragen: was bringt es mir, wenn ich mich auf Religion einlasse?“ Die Predigt selbst bestand nur aus einem einzigen Wort: „Nichts!“Auf die Frage, wie lange er zur Vorbereitung gebraucht hat, hat er geantwortet „20 Jahre!“.
Nun, ich würde diese Antwort so nicht unterschreiben. Er wollte mit dieser Predigt ja auch aufrütteln und herausfordern. Natürlich bringt es mir was. Vieles sogar: Ewiges Leben, wundervolle Beziehungen und tatsächlich ein erfülltes Leben, wenn Christus in mir mehr und mehr Gestalt annimmt. Aber aus gesellschaftlicher Perspektive bringt es mir keine Vorteile.
4. Den anderen höher achten
Wenn ich an Gethsemane denke, dann glaube ich nicht, dass Jesus Christus sich selbst verwirklicht hat, als er Mensch geworden und für uns ans Kreuz gegangen ist. Ich denke eher, wenn Selbstverwirklichung für ihn ein Thema gewesen wäre, wäre er wohl beim Vater im Himmel geblieben.
„Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus. Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen. Aber er erniedrigte sich ´noch mehr`: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz ´wie ein Verbrecher`.“ (Phil. 2, 6-8 NGÜ)
Er hat uns höher geachtet, als seine Gottessohnschaft. Er hat sie nicht wie einem Raub, wie etwas Erbeutetes, wie etwas grade bei Ebay Ersteigertes festgehalten, sondern war bereit loszulassen. Er hat losgelassen.
In der Menschheitsgeschichte sehen wir von Anfang an, dass es immer wieder das Ziel der Menschen war, wie Gott zu sein. Jesus hat genau das Gegenteil gemacht: er ist Mensch geworden, er hat sich selbst aufgegeben, sich selbst zu nichts gemacht, zum Sklaven gemacht.
In Joh. 13 lesen wir davon, als die Jünger kurz vor dem Passahfest zusammengekommen sind, dass sie zwar einen Raum organisiert hatten, aber keinen Sklaven oder Diener, der ihnen die Füße waschen würde. Das Fußwaschen war in vornehmen Häusern Sklavenarbeit. Die Geringsten der Sklaven mussten diese Arbeit übernehmen. Niemand von den Jüngern kam auf die Idee diesen Dienst zu tun. Bis Jesus ihn selbst übernommen hat. Er hat sich zum Sklaven gemacht.
Es ist diese Haltung des Sich-selbst-zum-Sklaven machen, die Paulus uns als Vorbild für das „den anderen höher achten“ vor Augen führt.
Noch eine Geschichte:
Während der amerikanischen Unabhängigkeitskämpfe leitete ein Unteroffizier die Reparatur eines militärischen Gebäudes. Er schrie den Soldaten Befehle zu und versuchte, sie dazu zu bringen, einen schweren Balken anzuheben.
Die Männer schafften es nicht, den Balken an die richtige Stelle zu bewegen. Da blieb ein Mann stehen, der gerade vorbeikam, und fragte den Unteroffizier, warum er den Männern nicht half. Mit dem Gehabe eines Kaisers antwortete der Soldat: „Mein Herr, ich bin Hauptgefreiter!“ „Soso,“ sagte der Passant, „das war mir nicht bewusst.“ Dann nahm er den Hut ab, verneigte sich und sagte: "Ich bitte Sie um Vergebung, Herr Hauptgefreiter.“ Dann ging er zu den Soldaten und mühte sich mit ihnen ab, um den schweren Balken anzuheben. Nachdem die Arbeit erledigt war, drehte er sich um und sagte: „Herr Hauptgefreiter, wenn sie wieder eine solche Arbeit haben und Sie nicht genügend Männer dafür haben, dann schicken Sie nach ihrem Oberbefehlshaber, und dann komme ich und helfe Ihnen wieder.“ Der Hauptgefreite war wie vom Donner gerührt. Vor ihm stand General George Washington!
Wie gehen wir in unseren Gemeinden, auf der Arbeitsstelle, in der Schule, an der Uni, im Freundeskreis damit um, wenn wir übersehen werden, übergangen werden, nicht gewürdigt werden? Reagieren wir beleidigt? Verteidigen wir unser Revier? Wechseln wir in den Angriffsmodus? Die andere Backe? Eine weitere Meile?
Oder was könnte es für Gemeinden bedeuten einander höher zu achten? Mir fällt hier ein Szenario ein, dass wir alle kennen. Wie reagieren wir, wenn Gemeindeglieder unsere Gemeinde verlassen, und sich einer anderen Gemeinde anschließen? Reagieren wir gelassen und großherzig? Schätzen wir die andere Gemeinde mehr als die eigene? Oder reagieren wir eher mit Neid und mit Zorn und mit.....?
Ich sag´s mal so: es ist leicht vom Überfluss abzugeben. Es ist leicht großherzig zu sein, wenn man 100 oder mehr Gottesdienstbesucher hat, wenn man ein schier unendliches Reservoir an Mitarbeitern hat, wenn man keinen finanziellen Mangel hat, wenn man eine wachsende Gemeinde ist - und das ist ja unser aller Auftrag zu wachsen- , aber wenn man selbst um´s Überleben kämpft, dann ist es aus mit der Gelassenheit und mit allen guten Segenswünschen. Dann ist Schluss mit lustig!
Glücklicherweise haben wir hier in Fürth ein sehr gutes Verhältnis innerhalb der Leiterschaft, so dass solch negative Emotionen und Gedanken nicht allzulange existieren.
Aber wir haben ein gemeinsames legitimes Problem. Denn um eine gesellschaftliche Relevanz zu haben, um in die Gesellschaft, in die Stadt hinein zu wirken, braucht man Mitarbeiter, braucht man eine gewisse Gemeindestärke. Ansonsten kann man sich nur selbst verwalten. Ansonsten bleibt nur Statik und nicht Dynamik. Und das wollen wir doch nicht, oder? Welche Gemeinde will schon statisch sein?
Prof. Reimer, ein Theologieprofessor, erzählt immer so nette Geschichten zum Thema Gemeindebau. In einer schwäbischen Stadt wollte die Gemeinde ihr Gemeindezentrum vergrößern. Dazu brauchten sie mehr Grundstücksfläche. Also gingen sie zum Bürgermeister mit ihrem Anliegen. Der Bürgermeister hat die Gemeindevertreter angesehen und sie gefragt: „Nennt mir einen Nutzen, den ihr für unsere Stadt habt!“ Da sie keine Antwort wussten, gingen sie wieder unverrichteter Dinge.
Der Fluss der Liebe Gottes muss von Gott durch die Gemeinde zu den Menschen, in die Stadt hinein, sonst wird das Wasser abgestanden und fängt an zu stinken oder es versickert im Boden. Das Salz muss in die Speise, das Licht muss in die Finsternis. Die gute Nachricht muss zu den Menschen. Man kann nicht Gott anbeten und die Augen vor der Not der Verlorenen verschließen!
Wenn der Strom der Liebe nicht zu den Menschen fließt, werden keine erreicht und wenn er fließt, werden wenige erreicht! Ich glaube nicht an Erweckung (außer der Totenauferweckung), da steht nichts davon in der Bibel. In der Bibel steht, dass es eine enge Pforte ist, durch die nur wenige gehen (Mt. 7,14). Und wenige heißt nicht viele! Aber die wenigen gilt es zu erreichen und das geht nur, wenn die Liebe Gottes - in welcher Form auch immer - zu den Menschen fließen kann.
Und dazu können wir einander brauchen. Unsere Freunde bei den Pfingstlern sind potent genug, die brauchen eigentlich niemanden zur Unterstützung für missionarische oder diakonische Projekte. Aber wir kleine Gemeinden, wie wir und ihr und noch manch andere in Fürth, könnten uns ergänzen und so voneinander profitieren. Gemeinsame Dienste, gemeinsame Projekte. Synergieeffekte.
Während ich vor 20 Jahren noch eher die Vision hatte, dass sich die Gemeinden zu einer großen Stadt-Gemeinde zusammenschließen, sehe ich heute etwas anderes. In manchen Städten in Deustchland entstehen Gemeindenetzwerke. Man will keine Mega-Gemeinden, sondern man will selbständige Gemeinden, die ihre Ressourcen bündeln, sich gegenseitig unterstützen und ergänzen und so auch auf eine neue Form „Einmütigkeit“ ausdrücken, „damit die Welt erkennt, Du hast den Sohn gesandt!“.
In Fürth gibt es das bisher nicht. Aber es gibt erste Ansätze in der Zusammenarbeit bei manchen Projekten. Und auch wenn wir CGFler hier heute mit Euch Gottesdienst feiern und wenn Ihr im Herbst bei uns - dann in der LKG - zum „Rückspiel“ antretet, sind das erste Schritte in eine neue Richtung. Und Gott weiß, was daraus in Fürth noch alles entstehen kann.
AMEN.
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